Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

720 Buch II. Abschnitt 2. Einzelne Arten der Forderungen. 
lich den Verträgen genau spezialisiert. Dagegen hat das preußische Landrecht 
und der code eivil nicht einmal eine Gruppeneinteilung versucht, sondern den 
Tatbestand des Delikts ganz allgemein und einheitlich bestimmt.“ 
2. à) Das altdeutsche Recht ließ die Geschäftsherrn für die Delikte ihrer 
Angestellten, die Eltern für die Delikte ihrer unerwachsenen Kinder strenger 
haften als das bürgerliche Gesetzbuch; es verordnete nämlich ihre Haftung selbst 
für den Fall, daß sie erweislich schuldlos waren."* Von neueren Rechten schloß 
sich nur das französische dieser Auffassung an, und auch dieses nur beschränkt.“ 
b) Dagegen war das bisherige gemeine Recht, das preußische Landrecht 
und das sächsische Gesetzbuch milder als das bürgerliche Gesetzbuch: die Geschäfts- 
herrn und die Eltern sollten nur haften, wenn ihnen eine Mitschuld an dem 
Delikt nachgewiesen werden konnte.5 
3. Im Fall der Körperverletzung wurde dem Verletzten ein Anspruch auf 
Schmerzensgeld bereits im bisherigen gemeinen und sächsischen Recht zugebilligt; 
nach preußischem Landrecht war der Anspruch dagegen nur Leuten niedern 
Standes gewährt.51 Eine Entschädigung für den ideellen Schaden, den der 
Verletzte durch eine Freiheitsberaubung erleidet, war bisher nur dem sächsischen 
Recht bekannt („Sachsenbuße").52 
XV. 1. Eine deliktähnliche Haftung Unzurechnungsfähiger für den von 
ihnen angerichteten Schaden galt in strengster Form nach altdeutschem Recht. 
Von neueren Gesetzen hat sie nur das preußische Landrecht beibehalten, und 
zwar ähnlich abgeschwächt wie jetzt das bürgerliche Gesetzbuch. 
2. Eine deliktähnliche Haftung dessen, der Tiere hält, für den von den 
Tieren angerichteten Schaden, ohne Rücksicht auf sein Verschulden, war schon 
dem altdeutschen und ebenso dem jüngern Recht bekannt; doch galt mit Aus- 
nahme des französischen Rechts die Beschränkung, daß der Schuldner haftfrei 
wurde, wenn er das Tier dem Geschädigten preisgab; nach preußischem 
Landrecht wurde die Haftung nur dem auferlegt, der wilde Tiere hielt.5“ Nach 
dem ursprünglichen Text des bürgerlichen Gesetzbuchs galt die Haftung allge- 
mein für sämtliche Tiere; erst durch die Novelle vom 30. Mai 1908 ist sie in 
Ansehung der Haustiere wesentlich eingeschränkt worden. 
3. Nach bisherigem gemeinen Recht haftete der Eigentümer eines Gebäudes 
ohne Rücksicht auf sein Verschulden deliktähnlich für allen Schaden, der durch 
Sachen, die aus dem Gebäude hinausgeworfen oder hinausgegossen wurden, 
angerichtet ward (actio de effusis et dejectis).55 
47) Windscheid §§ 451 ff.; sächs. G. 1483 ff.; pr. LR. I, 6 8§8 1 ff.; c. c. 1382. 
48) Stobbe-Lehmann 3 § 264. 49) C. c. 1384. 
50) Windscheid § 455 12; pr. LR. I, 6 § 60 ff., II, 2 § 139 ff.; sächs. GB. 1483. 
51) Stobbe-Lehmann 3 § 260; sächs. G. 1489; pr. LR. I, 6 § 112. 
52) Sächs. GB. 1497. 
53) Stobbe-Lehmann 3 § 259 11; pr. LR. I, 6 88 41, 42. 
54) Windscheid § 457, 3; sächs. G. 1561; c. c. 1385; pr. LR. I, 6 98 72, 73. 
55) Windscheid § 457, 1.
	        
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