Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Erster Band. Die allgemeinen Lehren und das Recht der Forderungen. (1)

62 Buch I. Abschnitt 2. Die Rechte. 
man von einer Behinderung des Eigentümers durch eine andre Person absieht. Was hilft 
z. B. dem Eigentümer sein Eigentum, wenn das Pferd jedesmal bockt, sobald er sich in den 
Sattel schwingen will? Nicht gegen das Pferd selbst nützt ihm sein Eigentum, sondern nur 
gegen andre Personen! 
V. Wir haben die Anspruchs-, die Bestimmungs= und die Vertrauens- 
macht bisher nur als „Bestandteile" subjektiver Rechte kennen gelernt. Es steht 
aber nach einem allgemeinen auch vom bürgerlichen Gesetzbuch angenommenen 
Sprachgebrauch nichts im Wege, diese Macht auch geradezu „Recht“ zu 
nennen. Der allgemeine Sprachgebrauch geht nämlich dahin, bei einem aus 
einer mehrfachen Machtstellung zusammengesetzten Recht nicht bloß den Rechts- 
komplex als Ganzes, sondern auch jeden seiner Bestandteile als „Recht“ zu 
bezeichnen (194, 552, 1375, 1056, 1358). 
Beispiele. A. hat dem B. eine Wohnung auf unbestimmte Zeit vermietet, und B. hat 
sie mit Erlaubnis des A. an C. weiter vermietet. I. Hier kann ich sagen, daß dem A. ein 
einziges Recht, das Vermieterrecht, zusteht und daß sein gegen B. gerichteter Anspruch auf 
die Bezahlung des Mietzinses, seine Macht, das Mietverhältnis zu kündigen, seine gegen B. 
und C. gerichteten Ansprüche auf Rückgabe der Wohnung bei Beendigung des Mietverhält- 
nisses usw. lediglich Bestandteile dieses seines einzigen Rechis sind. II. Ebensogut kann ich 
aber auch sagen, daß A. eine ganze Anzahl von Rechten hat, indem ich jeden Anspruch des 
A., seine Kündigungsmacht usw. nicht als Rechtsbestandteile, sondern als Rechte bezeichne. 
III. Arten der Rechte. 
1. Personen- und Uermögensrechte. 
8 18. 
Die subjektiven Rechte sind entweder Personen= oder Vermögens- 
rechte. 
I. Sie sind Personenrechte, wenn sie unwirtschaftlicher Natur d. h. ihrer 
Art nach überwiegend unwirtschaftlichen Interessen zu dienen bestimmt sind, 
oder wenn sie, obschon selber wirtschaftlicher Natur, doch zu ihren Bestehn 
den Bestand eines unwirtschaftlichen Rechtsverhältnisses zwischen den Nächst- 
beteiligten (Ehe, Verwandtschaft, Vormundschaft u. dgl.) voraussetzen. 
II. Sie sind Vermögensrechte, wenn diese Voraussetzungen nicht zutreffen. 
Beispiele. Ein Bauer heiratet ein Mädchen, das ihm ein Bauerngut mit in die Ehe 
bringt. I. Hier ist das Recht, das dem Bauer an der Person seiner Frau und der Bäuerin 
an der Person ihres Mannes zusteht, zweifellos ein Personenrecht; denn es ist überwiegend 
unwirtschaftlich. II. Was dagegen die beiderseitigen Rechte der Ehegatten an dem Gut der Frau 
betrifft, so ist folgendermaßen zu unterscheiden. 1. Das Recht der Frau an dem Gut ist ein 
Vermögensrecht, weil es überwiegend wirtschaftlich und sein Bestand von der Dauer der Ehe 
unabhängig ist: die Frau war Eigentümerin schon vor und bleibt es während und nach der 
Ehe. 2. Umgekehrt ist das Recht des Mannes, das Gut der Frau zu verwalten und zu 
nutzen, ein Personenrecht, weil es zwar überwiegend wirtschaftlich, aber sein Bestand vom 
Bestehn der Ehe abhängig ist: der Mann hat das Recht erst mit Beginn der Ehe erworben 
und büßt es mit Auflösung der Ehe sofort wieder ein. 3. Endlich ist das Recht des Mannes
	        
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