§ 20. Forderungsrechte. Dingliche Rechte. 65
b) Diese Rechte zerfallen gleichfalls in Unterarten. Deren Zahl ist wie
die der rein dinglichen Rechte fest bestimmt. Von den Unterarten seien genannt:
die meisten Reallasten, die Rechte des rechtmäßigen Inhabers einer Banknote.
Beispiele. I. Ich habe am 19. April von A. durch notariellen Vertrag ein Haus ge-
kauft; am 2. Mai übergibt mir A. das Haus und läßt es mir vor dem Grundbuchrichter auf;
dieser trägt mich sofort als Eigentümer im Grundbuch ein. Hier stand mir vom 19. April
bis zum 2. Mai lediglich ein relatives Recht, nämlich ein gegen A. gerichtetes Forderungs-
recht auf Auflassung und Ülbergabe des Hauses zu; vom 2. Mai ab habe ich dagegen ein
absolutes Recht, nämlich das Eigentum am Hause, erworben. 1. a) Meine Forderung gegen
A. ist ein relatives, d. h. im wesentlichen nur gegen A. wirksames Recht. Wenn also A. in
dem mir verkauften, bisher leerstehenden Hause plötzlich am 1. Mai dem B. eine Wohnung
auf zehn Jahre vermietet und ihn noch am selben Tage einziehn läßt, kann ich aus diesem
offenbar rechtswidrigen Verhalten A.3S nur Ansprüche gegen ihn selbst, nicht aber auch gegen
B. ableiten; ich kann von A. Schadensersatz fordern, muß dagegen den B. volle zehn Jahre
als Mieter in dem Hause dulden. So auch dann, wenn B., als er mietete, gewußt hat,
daß das Haus als leerstehendes an mich verkauft war: B. kann mein Forderungsrecht als
ein relatives, nur gegen A. wirksames Recht einfach ignorieren und die Verantwortung für
den Rechtsbruch A.s diesem überlassen. b) Nun darf man allerdings die Relativität meines
Forderungsrechts nicht übertreiben, indem man etwa behauptet, meine Forderung sei wirk-
lich einzig und allein gegen A. wirksam. Vielmehr steckt in der Forderung eine Be-
stimmungsmacht, die gegen jedermann wirksam ist: gesetzt z. B., daß ich kraft dieser Be-
stimmungsmacht die Forderung an C. abtreten würde, so wäre dieser Akt gegenüber jeder-
mann wirksam, der sich um die Forderung bemüht; wenn ich also die Forderung nochmals
an den D. abtreten würde, würde dieser sie nicht erwerben, auch wenn er von der ersten
Abtretung nichts gewußt hat; eine Pfändung der Forderung durch meine Gläubiger wäre
von nun ab ungültig usw. Ferner: wenn ich die Forderung nicht abgetreten hätte, aber
irgendeine beliebige Person, E., behaupten würde, ich hätte sie ihm übertragen, so kann ich
gegen E. auf Feststellung der Unrichtigkeit dieser Behauptung klagen (3PO. 256) usw. Doch
liegt auf der Hand, daß diese absolute Wirkung meines Forderungsrechts gegenüber jeder-
mann hinter der relativen Wirkung gegenüber meinem Verkäufer A. weit zurücktritt. Meine
Forderung ist also wenigstens überwiegend relativ wirksam. 2. a) Ganz anders ist meine
Rechtslage vom 2. Mai ab. Denn nunmehr bin ich ja Eigentümer, und Eigentum ist ein
absolutes Recht. a) Vor allem wirkt die in meinem Eigentum steckende Vertrauensmacht
gegenüber jedermann: ich kann mich darauf verlassen, daß ich, sobald irgend jemand, wer es
auch sei, mein Eigentum stört oder zu stören droht, einen Anspruch auf Beseitigung oder
Unterlassung der Störung gegen ihn erwerbe; würde also der Mieter B. auf Grund seines
Mietvertrages vom 1.-Mai erst am 3. Mai in mein Haus einziehn, so könnte ich ihn sofort
hinausweisen. §) Ingleichen wirkt die in meinem Eigentum steckende Bestimmungsmacht
gegenüber jedermann; und zwar ist diese ihre Wirkung weit intensiver als bei der in
einem Forderungsrecht steckenden Bestimmungsmacht, eben weil sie ein auch im übrigen
absolut wirkendes Recht betrifft. Gesetzt z. B. ich „bestimmte“ in der vorgeschriebenen
Form, daß das Eigentum des Hauses auf F. überginge, so wäre F. alsbald befugt, seiner-
seuss nicht bloß mir selbst, sondern auch jedem andern den Eintritt in das Haus zu ver-
bieten. b) Man darf aber, wie bei dem Forderungsrecht die relative, so beim Eigentum die
absolute Wirkung nicht übertreiben. Vielmehr ist das Eigentum insoweit, als es Anspruchs-
macht ist, gerade so relativ wirksam wie ein Forderungsrecht. Gesetzt z. B., daß mein Nach-
bar G. mir ein Stück meines Hausgartens fortnimmt, daß irgendein beliebiger H. meinen
Hof als Durchgang benutzt, daß mein Mieter J. mich hindern will, die feuergefährliche elektrische
Leitung in seiner Mietswohnung abzuändern, so habe ich einen Anspruch auf Unterlassung
oder Beseitigung dieser Störungen nur gegen G., H. und J. Doch ist offenbar, daß im
allgemeinen diese relative Wirkung meines Eigentums hinter seiner absoluten Wirkung weit
zurücksteht. 3. Auf dem von mir erworbenen Hause steht als Reallast das Recht der Lam-
bertikirche auf eine jährliche Rente von 200 Mk. eingetragen. Hier hat die Kuce kraft der
Cosack, Bürgerl. Rechts. 5. Aufl. I.