Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

80 Buch III. Abschnitt 2. Besitz und Inhabung. 
büßt, oder aber auf die Art, in der der gegenwärtige Besitzer seinen Besitz 
erworben hat, das Hauptgewicht legt. 
1. Soweit das Gesetz das Hauptgewicht auf die Art legt, in der der 
ältere Besitzer seinen Besitz eingebüßt hat, setzt es die Voraussetzungen des 
Anspruchs fest wie folgt: 
a) Die Sache, auf die der Anspruch sich bezieht, muß eine bewegliche sein; 
ausgenommen sind Geldstücke, Inhaberpapiere und gewisse andre Wertpapiere 
(1007 1, II: Wechs Ordn. 74 usw.). 
Beispiele. I. Der Großgrundbesitzer A. hat seinem früheren Kutscher B. einen Acker 
unentgeltlich zur Nutzung überlassen; C. hat diesen Acker dem B. gewaltsam sortgenommen 
und an den gutgläubigen D. verpachtet. Hier hat B. an dem Acker, abgesehn von seinem 
vormaligen Besitz, kein dingliches auch gegen D. wirksames Recht. Er könnte also von D. 
die Herausgabe des Ackers nur auf Grund jenes vormaligen Besitzes verlangen. Aber auch 
der läßt ihn im Stich; denn der kurzfristige Anspruch wegen Besitzeentziehung wird ihm ver- 
sagt, weil D. den Besitz in gutem Glauben erlangt hat; der langfristige Herausgabeanspruch 
wird ihm versagt, weil es sich um ein Grundstück handelt. II. Siehe unten S. 83 das 
Beispiel bei c. 
b) Der Anspruchsberechtigte oder sein Rechtsvorgänger muß die Sache 
früher in Besitz gehabt, dann aber den Besitz dadurch eingebüßt haben, daß 
die Sache ihm abhanden gekommen ist (1007 1). 
a) „Abhanden gekommen“ ist eine Sache dem Besitzer erstens, wenn ihm 
der Besitz durch verbotene Eigenmacht entzogen ist; insofern deckt sich also der 
Tatbestand des Anspruchs mit dem des kurzfristigen Anspruchs wegen Besitz- 
entziehung (s. oben S. 73 flg.). Als Hauptfall eines solchen Abhandenkommens 
nennt das Gesetz den, daß die Sache dem Besitzer „gestohlen“ ist. 
6) „Abhanden gekommen“ ist dem Besitzer eine Sache zweitens, wenn er 
den Besitz zwar nicht durch verbotene Eigenmacht, aber doch ohne seinen Willen 
und ohne rechtmäßigen Zwang eingebüßt hat; insofern geht also der Tatbestand 
des Anspruchs über den des kurzfristigen Anspruchs wegen Besitzentziehung 
weit hinaus. Als Hauptfall eines solchen Abhandenkommens nennt das Gesetz 
den, daß der Besitzer die Sache „verloren“ hat. 
Beispiele. I. 1. Wie mannigfach der Kreis der abhanden gekommenen Sachen ist, geht 
schon aus den oben S. 74b genannien Beispielen hervor: denn jede Sache, von der es dort 
heißt, daß sie dem Besitzer durch verbotene Eigenmacht entzogen ist (Schirm, Weintrauben, 
Ohrringe, Pferd, Uhr), ist ebendeshalb zugleich dem Besitzer abhanden gekommen. 2. Von 
Sachen, die dem Besitzer nicht durch verbotene Eigenmacht entzogen, aber ihm dennoch ab- 
handen gekommen sind, seien außer den verlorenen solche Sachen genannt, die der bisherige 
Besitzer in einem Anfall von Geisteskrankheit sortgeworsen und ein andrer nunmehr, nach- 
dem der alte Besitz bereits erloschen war, an sich genommen hat. Vielleicht ist es statthaft, 
den Ausdruck „verlorene Sachen“ auch auf derartige Sachen auszudehnen. Schließt man sich 
diesem Sprachgebrauch an, so kommt man zu der Gleichung: Sachen, die dem bisherigen 
Besitzer durch verbotene Eigenmacht entzogen sind + verlorene Sachen = abhanden ge- 
kommene Sachen. II. 1. a) Dagegen gilt als nicht abhanden gekommen eine Sache, die der 
Besitzer A. dem B. rechtsgültig anvertraut hat und die dann von B. unbefugterweise, sei es 
arglistig, sei es aus Versehn, an C. veräußert oder ihm verpfändet, vermietet, geliehen ist.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.