Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

92 Buch III. Abschnitt 2. Besitz und Inhabung. 
2. Die Gegenstände des mittelbaren Besitzes erster Stufe sind dieselben 
wie die des unmittelbaren Besitzes (s. oben S. 66). 
3. Der Kürze wegen sei es gestattet, den mittelbaren Besitz erster Stufe 
im folgenden so lange, als von seinem Gegenstück, dem mittelbaren Besitz höherer 
Stufe, noch nicht die Rede ist, schlechthin „mittelbaren Besitz“ zu nennen. Auch 
empfiehlt es sich, wenn der an einer und derselben Sache bestehende unmittel- 
bare und mittelbare Besitz miteinander verglichen oder in Gegensatz zueinander 
gebracht werden sollen, jenen Unterbesitz, diesen Oberbesitz zu nennen. 
Beispiel. Wenn A. eine ihm gehörige und in seinem unmittelbaren Besitz befindliche 
Sache am 1. März dem B. verkauft und zugleich von diesem Tage ab durch Besitzkonstitut 
(s. unten § 193b I, 2) für B. in Verwahrung nimmt, so bleibt er auch nach dem 1. März 
unmittelbarer Besitzer. Wir können ihn aber von diesem Tage ab als Unter-, den B. als 
Oberbesitzer bezeichnen. Denn durch das Besitzkonstitut hat B. den mittelbaren Besitz der 
Sache erlangt. 
II. Der Oberbesitz ist meist Eigen-, der Unterbesitz meist Fremdbesitz. 
Doch kommt es auch vor, daß alle beide Fremd= oder, obschon sehr selten, daß 
der Unterbesitz Eigen= und nur der Oberbesitz Fremdbesitz ist. 
Beispiele. I. A. gibt eine ihm gehörige Sache dem B. als Pfand. Hier ist der Ober- 
besitzer A. Eigen-, der Unterbesitzer B. Fremdbesitzer. II. B. gibt eben diese Sache dem C. 
zur Verwahrung. Hier sind sowohl B., der ja nunmehr Oberbesitzer geworden ist, wie der 
Unterbesitzer C. Fremdbesitzer. III. C. gibt eben diese Sache ohne Vorwissen des B. dem A. 
auf einige Tage leihweise zurück. Hier ist der jetzige Oberbesitzer C. Fremd-, der jetzige 
Unterbesitzer A. Eigenbesitzer. 
b) Erwerb desmittelbaren Besitzes erster Stufe. 
§ 193b. 
I. Der Erwerb neubegründeten mittelbaren Besitzes an 
einer Sache geht in mannigfacher Art vonstatten. 
1. Die häufigste Art ist die des Vorbehalts bei der Übergabe: ein 
unmittelbarer Besitzer überträgt seinen bisherigen Besitz auf einen andern, ver- 
einbart aber dabei mit diesem ein Verhältnis, kraft dessen für ihn, den bis- 
herigen unmittelbaren Besitzer, an Stelle des unmittelbaren neuer mittelbarer 
Besitz entsteht. 
Beispiel. A. verpachtet ein Gasthaus, das in seinem unmittelbaren Besitz steht, auf fünf 
Jahre an B. und übergibt es ihm zu Pachtbesitz. Hier wird B. Unter-, A. Obersitzer. 
2. Sehr häufig kommt sodann der Erwerb durch sogenanntes Besitz- 
konstitut (constitutum possessorium) vor: ein unmittelbarer Besitzer behält 
seinen bisherigen Besitz, vereinbart aber mit einem andern ein Verhältnis, 
kraft dessen für den andern neuer mittelbarer Besitz ensteht. 
Beispiel. A. verkauft und übereignet ein in seinem unmittelbaren Besitz befindliches 
Gasthaus dem B., pachtet es aber zugleich von B. auf fünf Jahre und behält es in seinem
	        
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