98 Buch III. Abschnitt 2. Besitz und Inhabung.
unmittelbarer Besitzer tritt und dieser die Rechtsstellung seines Vormanns auch
gegenüber dem Oberbesitzer übernimmt.
Beispiel. A. hat eine Sache dem B. als Pfand gegeben; nun wird die Sache dem
B. gestohlen, oder B. gibt die Sache im eignen Namen dem C. zur Verwahrung, oder B.
tritt seine Forderung samt dem Pfandrecht unter Ubergabe der Sache an D. ab. Hier ver-
liert A. im ersten und zweiten Fall seinen Oberbesitz, behält ihn dagegen im dritten Fall.
Doch wird später zu zeigen sein, daß im zweiten Fall A. insofern Oberbesitzer bleibt, als an
die Stelle seines bisherigen Oberbesitzes erster ein Oberbesitz zweiter Stufe tritt (s. unten
§ 193e).
Möglich ist es übrigens, daß der Oberbesitzer dadurch, daß der Unterbesitzer seinen
Unterbesitz verliert, zwar seinen Oberbesitz als solchen einbüßt, aber deshalb nicht aufhört,
Besitzer zu sein, sondern fortab als unmittelbarer Besitzer gilt. Dies ist z. B. anzunehmen,
wenn der Pächter eines Landguts seinen Pachtbesitz freiwillig aufgibt, indem er das Gut
räumt, ohne daß ein andrer Wirt an seine Sitelle tritt.
III. Der Oberbesitzer verliert sodann seinen Besitz dadurch, daß sein
Herausgabeanspruch gegen den Unterbesitzer erlischt.
Beispiel. Wenn A. dem B. eine Sache auf Probe verkauft und übergeben hat, so
erlischt A.s mittelbarer Besitz, wie bereits angedeutet, nicht erst, wenn B. den Kaufpreis
bezahlt, sondern schon dann, wenn er die Sache genehmigt (s. oben S. 90 Fall 1c).
IV. Der Oberbesitzer verliert endlich seinen Besitz dadurch, daß der
Unterbesitzer sich in einer nicht bloß vorübergehenden Art seiner Oberherrschaft
tatsächlich entzieht, sei es rechtmäßig, sei es unrechtmäßig. Einer Anzeige an
den Oberbesitzer bedarf es nicht.
Beispiel. In dem oben S. 95, 2a genannten Fall erlischt der Oberbesitz des A., sobald
B. seinen Willen, das Buch sich anzueignen, dadurch äußerlich erkennbar macht, daß er
seinen statt des A. Namen in das Buch einträgt.
Zu beachten ist, daß das Gesetz über den Verlust des mittelbaren Besitzes keinerlei
Normen aufstellt. Deshalb sind die Regeln zu II—IV zum Teil sehr umstritten.
3. Der mittelbare Zesitz höherer Stufe.
§ 193e.
I. 1. Jemand hat an einer Sache mittelbaren Besitz zweiter
Stufe, wenn ein andrer an ihr mittelbaren Besitz erster Stufe hat und
dieser andre zu ihm in einem ähnlichen Verhältnis steht wie der un-
mittelbare Besitzer der Sache zu dem andern; besteht also an einer Sache
ein mittelbarer Besitz zweiter Stufe, so kann der mittelbare Besitzer zweiter
Stufe auch als Oberbesitzer zweiter Stufe, der mittelbare Besitzer erster Stufe
als Oberbesitzer erster und zugleich als Unterbesitzer zweiter Stufe bezeichnet
werden.
Beispiel. Wenn A. an Wertpapieren, die B. für ihn verwahrt, dem C. den mittelbaren
Besitz verschaffen will, so kann er dies nicht bloß durch Besitzüberweisung (s. oben S. 93 1I),
sondern auch durch Besitzkonstitut tun; er kann nämlich die Papiere bei B. derart belassen,
daß B. sie allein für ihn verwahrt und C. in kein obligatorisches Rechtsverhältnis zu B.
tritt, sich aber seinerseits verpflichten, seine Rechte gegen B. zwar in eignem Namen, aber im