Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

114 Buch III. Abschnitt 3. Das Eigentum. 
IV. 1. Als Veräußerer braucht nicht immer der bisherige Eigentümer 
des zu übereignenden Grundstücks oder ein in dessen Namen handelnder Ver- 
treter tätig zu werden. Vielmehr gibt es Fälle, in denen auch ein Nichteigen- 
tümer, der im eignen Namen oder im Namen eines Dritten handelt, zur 
Auflassung wohlbesugt ist (185 1; s. oben Bd. 1 S. 194 b).w Ja sogar eine 
von einem Unbefugten vorgenommene Auflassung kann vollgültig sein. Der 
wichtigste hierher gehörige, von uns bereits mehrfach erwähnte Fall ist der, 
daß ein Nichteigentümer im Grundbuch zu Unrecht als Eigentümer eingetragen 
steht; wir wissen: solch ein „Scheineigentümer“ (und sein Erbe) wird, wenn 
er das Grundstück einem Dritten aufläßt, der die Unrichtigkeit des Grundbuchs 
nicht kennt, als wahrer Eigentümer fingiert; er hat also zwar kein „Recht“, 
aber doch die „Rechtsmacht“ zur Auflassung; er „darf“ die Auflassung nicht 
vornehmen; tut er es aber doch, so ist sie gültig. 
2. Ist eine Auflassung von einem Veräußerer vorgenommen, der die 
Rechtsmacht zur Übereignung nicht besaß, so ist sie unwirksam. Ihre Un- 
wirksamkeit kann aber gehoben werden, namentlich dadurch, daß die Partei, die 
die Übereignungsmacht in Wahrheit besitzt, nachträglich zustimmt (185 II; s. 
oben Bd. 1 S. 1950). 
Beispiel. A. ist fälschlich statt des B. als Eigentümer von z im Grundbuch eingetragen 
und läßt x an C auf, der die Unrichtigkeit jener Eintragung kennt; später stimmt B. infolge 
einer Abfindung, die A. ihm gegeben, der Auflassung zu. Hier ist die übereignung A.8 an 
C. gültig geworden, braucht also nicht wiederholt zu werden. 
V. Allgemeiner Regel gemäß kann die Mitwirkung des Veräußerers bei 
der Auflassung durch ein gegen ihn gerichtetes rechtskräftiges Urteil ersetzt 
werden (ZPO. 894). Die Auflassung wird alsdann dadurch vollzogen, daß der 
Erwerber oder dessen Vertreter dem Grundbuchamt das Erkenntnis überreicht 
und mündlich seine Einwilligung in den Eigentumserwerb erklärt. 
VI. Außer dem Eigentum kann der Erwerber durch Auflassung und Ein- 
tragung auch den Besitz des zu übereignenden Grundstücks erlangen: denn es 
ist im Zweifel anzunehmen, daß mit der Auflassung zugleich die Übergabe 
des Grundstücks (s. oben S. 70b) oder ein Besitzkonstitut oder eine Besitz- 
überweisung zugunsten des Erwerbers erklärt wird. Doch ist die Verbindung 
des Eigentums= und des Besitzerwerbes keine notwendige; insbesondre fällt sie 
fort, wenn der Veräußerer zur Zeit der Auflassung gar nicht im Besitz des 
Grundstücks war. 
VII. Die auf dem übereigneten Grundstück ruhenden beschränkten Rechte 
werden durch die Übereignung nicht berührt, bleiben also auch gegenüber dem 
Erwerber in Kraft. Doch gilt eine Ausnahme, 
1. wenn die Inhaber der Rechte in die lastenfreie Ubereignung des Grund- 
stücks willigen (Freigabe, Exnexuation); 
7) RG. 54 S. 366. 9) Siehe R. 55 S. 58.
	        
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