5 197. Vererbung, Zwangsversteigerung, Enteignung, Aneignung von Grundstücken. 117
Zwangsversteigerung teilweise, durch die Enteignung vollständig zerstört
(Raw Ges. 91; pr. Enteign Ges. 45; pr. AusfGes. z. RZw es. 35 ff.).
II. 1. a) Der Eigentumserwerb durch Aneignung trifft herrenlose Grund-
stücke und wird dadurch vollzogen, daß der Aneignungsberechtigte sich im Grund-
buch als Eigentümer eintragen läßt; das Aneignungsrecht steht nur dem Fiskus
oder nach Landesrecht andern privilegierten Personen, insbesondre Gemeinden,
zu (928 II; EG. 129, 190).2
b) Besondre Vorschriften gelten für herrenlose Grundstücke nach Wasser-
recht, namentlich für Anschwemmungen, für neu entstehende Inseln (EW. 65).2
Sie bleiben hier von der Darstellung ausgeschlossen.
2. Beschränkte Rechte, die auf dem herrenlosen Grundstück haften, werden
durch die Aneignung nicht berührt, auch wenn sie dem Erwerber unbekannt waren.
III 1. a) Der Eigentumserwerb durch Buch= oder Tabularersitzung
setzt voraus, daß der Erwerber dreißig Jahre lang fälschlich als Eigentümer
des zu ersitzenden Grundstücks im Grundbuch eingetragen war und außerdem
das Grundstück während ebendieser dreißig Jahre in seinem Eigenbesitz gehabt
hat (900 1 Satz 1). Und zwar muß die Eintragung während der dreißig
Jahre ununterbrochen bestanden haben; dagegen schadet bei dem Eigenbesitz
eine Unterbrechung nichts, wenn der Erwerber ohne seinen Willen von ihr
betroffen ist und den Besitz binnen Jahresfrist loder zwar später, aber doch
mittels einer binnen Jahresfrist erhobenen Klage) zurückerlangt hat (900 1
Satz 2, 940). Wird die Eintragung oder der Besitz bestritten, so ist der
Erwerber beweispflichtig; doch braucht der Beweis des Besitzes nicht für jeden
Tog der Ersitzungszeit erbracht zu werden, sondern es wird, wenn der Beweis
für zwei beliebige Tage erbracht ist, vermutet, daß der Besitz auch in der
Zwischenzeit bestanden hat (900 I Satz 2, 938).
Beispiel. A. ist seit 1900 Eigenbesitzer eines Ackers und ist auch im Grundbuch als
dessen Eigentümer eingetragen, obschon das Eigentum des Ackers in Wahrheit seinem Nach-
barn B. zusteht und auch ein andrer Nachbar C. Eigentumsansprüche darauf erhebt; im
Frühjahr 1920 kommt es zu Tätlichkeiten zwischen A. und C., die damit enden, daß C. den
Acker gewaltsam an sich nimmt; im Frühjahr 1921 setzt sich aber A. eigenmächtig wieder
in Besitz und ist seitdem darin verblieben. Hier wird die Ersitzung vollendet: I. wenn der
Besitzverlust A.S weniger als ein Jahr gedauert hat, 1930, II. wenn er ein Jahr oder
länger gedauert hat, erst 1951. Und zwar muß A. im ersteren Fall seinen Besitz zunächst
für die Jahre 1900 und 1930 beweisen, während sein Besitzverlust im Jahr 1920 von dem
Gegner zu beweisen ist; hat der Gegner letzteren Beweis erbracht, so muß A. wieder den
Besitzerwerb für 1921 beweisen.
Mit den Ansdrücken „Buch-“ oder „Tabularersitzung“ soll darauf hingewiesen werden,
daß hier der Eigentumserwerb nicht allein durch das Sitzen (— Besitz), sondern auch durch
das Buch oder die tabulae (— Grundbuch) bedingt wird. Doch ist nicht zu verkennen, daß
der zweite dieser Ausdrücke ungewöhnlich töricht ist; denn der Name tabulae oder Tafel für
Grundbuch war im größten Teil Deutschlands nie in Gebrauch gewesen oder doch seit Jahr-
zehnten gänzlich außer Gebrauch gekommen und ist erst seit Einführung des BGB.s plötz-
lich wieder aufgetaucht. Kaum aufgetaucht, war er aber auch schon allgemein anerkannt.
Denn je verkehrter ein juristischer Ausdruck, desto sicherer wird er Beifall finden.
2) St.-Lehmann 2 F5 122; Gierke, D. PrR. 2 S. 447. Za) Endemann II, 1 S. 510.