Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

126 Buch III. Abschnitt 3. Das Eigentum. 
D. in anfechtbarer Art durch Betrug abgewonnen habe; A. glaubt der Mitteilung C.s nicht, 
sondern läßt sich, ohne weitere Nachforschungen anzustellen, Haus und Mobiliar übereignen. 
Hier bleibt, wenn D. den Erwerb des B. wegen jenes Betruges nachträglich anficht, A. 
Eigentümer des Hauses, während er das Eigentum am Mobiliar mit rückwirkender Kraft 
verliert. 
Daß der Erwerber irgendwelche Zweifel über das Eigentum seines Veräußerers hat, 
macht ihn selbstverständlich noch nicht schlechtgläubig; denn daß man sich über einen Zweifel 
hinwegsetzt, ist oft nur klug und keineswegs fahrlässig. Deshalb darf man auch nicht sagen: 
„gutgläubig ist, wer an das Eigentum des Veräußerers ohne grobe Fahrlässigkeit glaubt“, 
da vielmehr nur die Umkehrung richtig ist: „gutgläubig ist nicht, wer an das Eigentum des 
Veräußerers nicht oder nur aus grober Fahrlässigkeit glaubt.“ 
Jc) Der gute Glaube muß in dem für den Eigentumsübergang entscheidenden 
Augenblick — regelmäßig zur Zeit der Ubergabe — vorhanden sein. Es 
schadet also dem Erwerber nichts, wenn er nach der Ubergabe den guten 
Glauben, es nützt ihm nichts, wenn er nach der Ubergabe den schlechten Glauben 
verliert; ebensowenig kommt, wenn die Ubereignung auf Grund eines obliga- 
torischen Vertrages geschehn ist, etwas darauf an, ob der Erwerber zur Zeit 
des Abschlusses dieses Vertrages gut= oder schlechtgläubig war. 
Beispiel. Man mache sich diese Regeln an dem zu b genannten Fall klar, indem man 
unterstelle, daß der Kauf der Möbel im März, die Ubergabe dagegen im Mai erfolgt sei, 
ferner, daß der Anwalt C an A. zwei Briefe geschrieben, einen ersten, in dem er den Ver- 
äußerer B überzeugend verdächtigt, einen zweiten, in dem er die Verdächtigung glaubhaft 
zurücknimmt, endlich daß sich im Juli der Inhalt des ersten dieser Briefe als richtig heraus- 
stellt. I. Der erste Brief C.s ging dem A. im Februar, der zweite im April zu. Hier 
bleibt A., auch nachdem D. die Anfechtung gegenüber B. erklärt hat, Eigentümer. II. Der 
erste Brief C.s ging dem A. im April, der zweite im Juni zu. Hier verliert A. durch die 
Anfechtung sein Eigentum. 
d) Ist der gute Glaube des Erwerbers streitig, so trifft die Beweislast 
nicht den Erwerber, sondern die Gegenpartei. 
e) Gleichgültig ist, ob auch der Veräußerer in gutem Glauben gewesen ist. 
Weder kann sein guter Glaube den schlechten Glauben des Erwerbers ausgleichen, 
noch sein schlechter Glaube den guten Glauben des Erwerbers beeinträchtigen. 
2. a) Die zweite nicht minder wichtige Voraussetzung der Ubereignungs- 
macht des rechtlosen Eigenbesitzers ist: die Sache darf dem wahren Eigentümer 
nicht abhanden gekommen, insbesondre darf sie ihm nicht gestohlen oder ver- 
loren gegangen sein (935 1). Die Ubereignung ist also unwirksam, wenn der 
wahre Eigentümer die Sache vormals besessen, später aber den Besitz ohne 
seinen eignen Willen und, falls er bloß mittelbarer Besitzer war, auch ohne 
den Willen des Unterbesitzers sowie ohne rechtmäßigen Zwang eingebüßt hat 
(s. oben S. 80; 95, 2 a; 102 c). Gleichgültig ist, ob gerade der jetzige Eigen- 
besitzer das Abhandenkommen der Sache verursacht oder darum gewußt hat; so- 
nach ist der Eigentumserwerb an einer gestohlenen Sache nicht bloß dem Diebe 
und dem Hehler sowie denen, die die Sache ohne Kenntnis des Diebstahls 
dem Diebe oder dem Hehler abkaufen, sondern auch allen späteren Erwerbern 
versagt; die abhanden gekommene Sache ist zugunsten ihres Eigentümers 
gleichsam mit einem Bann belegt und bleibt unter dem Bann auch in der
	        
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