Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

132 Buch III. Abschnitt 3. Das Eigentum. 
2. Die Abtretung des Herausgabeanspruchs setzt voraus, daß der An- 
spruch — wennschon vielleicht betagt oder bedingt oder von Gegenleistungen 
des Veräußerers abhängig — wirklich zu Recht besteht; es genügt also nicht, 
daß der Erwerber den Anspruch irrtümlich für vorhanden ansah. Dagegen 
ist es nicht nötig, daß die Abtretung dem zur Herausgabe verpflichteten Be- 
sitzer mitgeteilt, geschweige denn, daß sie von ihm genehmigt wird, es sei denn, 
daß der Veräußerer mit dem Besitzer das Gegenteil vereinbart hat. Ja es 
schadet nicht einmal, wenn die Parteien gar nicht wissen, wer der Besitzer ist. 
Beispiele. I. Siehe den zweiten Fall unien zu IV, 1. II. A. will Wertsachen, die er 
laut Depotschein auf der Reichsbank hinterlegt hat, dem B. durch Abtretung des Herausgabe- 
anspruchs übereignen. Dies ist nur mit Zustimmung der Reichsbank möglich; denn der 
Herausgabeanspruch ist nach den Bedingungen der Reichsbank unveräußerlich. III. C. hat 
seinen Hund dem D. verkauft; vor der Übergabe entläuft der Hund. Trotzdem kann C. 
ihn dem D. übereignen, indem er ihm seinen Herausgabeanspruch gegen den etwaigen Finder 
des Hundes abtritt. Doch wird die Übereignung erst wirksam, wenn der Hund wirklich ge- 
funden wird oder — da für diesen Fall ein stillschweigendes Besitzkonstitut anzunehmen ist — 
wenn der Hund zu C. zurückkehrt. 
IV. Geht die Übereignung ohne Übergabe von einem Unbesugten aus, so 
sind die Regeln, die in dem nämlichen Fall bei der Übereignung durch Über- 
gabe gelten, anwendbar, jedoch mit folgenden Einschränkungen. 
1. Bei der Übereignung durch Besitzüberweisung gelten die Regeln un- 
verändert (934). 
Beispiele. I. A. hat Wertsachen seiner Schwester mit deren Erlaubnis im eignen 
Namen bei B. hinterlegt; ungetreuerweise übereignet er sie dem gutgläubigen C. durch 
Abtretung seines Herausgabeanspruchs gegen B. Hier wird C. sofort Eigemümer. II. Der 
geisteskranke D. hat eine ihm gehörige Sache dem E. verkauft und durch Besitzkonstitut auf 
ihn übertragen: E. veräußert sie durch Abtretung seines Herausgabeanspruchs gegen D. 
an den gutgläubigen F. Hier wird F. nicht Eigentümer, weil dem E. ein Herausgabe- 
anspruch gegen D. gar nicht zusteht. 
2. Bei der Übereignung durch bloßen Übereignungsvertrag gelten die 
Regeln nur unter der Voraussetzung, daß der Erwerber den Besitz der zu 
übereignenden Sache gerade von dem Veräußerer oder von dessen Rechts- 
vorgänger erlangt hat — zwar nicht bei der jetzigen Übereignung, aber doch 
bei einer früheren Gelegenheit; der gute Glaube des Erwerbers muß zur Zeit 
des Übereignungsvertrages vorhanden gewesen sein, während es auf seinen guten 
Glauben zur Zeit des früheren Besitzerwerbes nicht ankommt (932 I Satz 2). 
Beispiele. I. A. hat das ihm von B. vererbte Schloß an C. käuflich übereignet und 
zugleich das Mobiliar des Schlosses dem C. mietweise überlassen; nach einiger Zeit dehnen 
A. und C. den Übereignungsvertrag auch auf das Mobiliar aus; noch später wird entdeckt, 
daß einzelne Stücke des Mobiliars dem B. und also auch dem A. gar nicht gehört haben, 
sondern daß B. sie sich von seinem inzwischen gleichfalls verstorbenen Bruder D. geliehen 
hatte. Hier ist C. trotzdem Eigentümer geworden. II. Gleicher Fall: nur hat C. gleich 
nach Abschluß des Mietvertrages gehört, daß die Möbel dem B. von seiner Schwester E. 
geliehen seien, und läßt sich deshalb die Möbel nicht von A., sondern von der Schwester E. 
verkaufen und übereignen; später erfolgt dann die Entdeckung, daß nicht die Schwester E., 
sondern der Bruder D. der Verleiher gewesen ist. Hier erwirbt C. kein Eigentum, sondern 
die Erben des D. sind Eigentümer geblieben.
	        
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