Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 211. Vindikation von Grundstücken. Nutzungen. 165 
die erst eintrat, als er bereits den Besitz des Hauses erlangt hat, ist für ihn unschädlich. 
II. Derselbe Fall; nur ist E. am 1. September 1911 heimlich ausgezogen; die Miete für 
das letzte Halbjahr kann von ihm nicht beigetrieben werden; sie hätte aber beigetrieben 
werden können, wenn B. ordentlich aufgepaßt und sein Pfandrecht an den Möbeln C.S 
geltend gemacht hätte. Hier ist B. dem Vater A. geradeso haftbar, wie wenn C. ge- 
zahlt hätte. 
b) Eine Anderung erleidet die Regel zu a erstens, wenn der Besitzer das 
Grundstück in Eigenbesitz hat oder zum Zweck der Ausübung eines ihm in 
Wirklichkeit nicht zustehenden Nutzungsrechts besitzt und diesen seinen Eigen- 
oder Fremdbesitz unentgeltlich erlangt hat, zweitens, wenn der Besitzer 
Nutzungen gezogen hat, die nach den Regeln einer ordnungsmäßigen Wirt- 
schaft nicht als „Ertrag“ des Grundstücks anzusehn sind: er ist nämlich ohne 
Kücksicht auf seinen guten Glauben in dem einen wie in dem andern Fall 
zur Herausgabe der Nutzungen wenigstens insoweit verpflichtet, als er durch 
sie bereichert ist (988, 993). 
Beispiel. A. hat einen dem B. gehörigen Wald zu Unrecht, aber in gutem Glauben 
erworben und hat ihn, als er zwei Jahre später seinen Rechtsmangel erfuhr, sofort an B. 
herausgegeben; bei ordentlicher Wirtschaft hätte der Wald in dieser Zeit einen Reinertrag 
von 20000 Mk. bringen können; durch übermäßiges Abholzen hat aber B. einen Rein- 
gewinn von 40000 Mk. daraus gezogen. Hier muß B., wenn er den Erwerb unentgeltlich 
gemacht hat, an A. die vollen 40000, andernfalls aber wenigstens 20000 Mk. herauszahlen, 
letzteres um deswillen, weil die übermäßig geschlagenen Stämme zwar „Frucht“ und also 
auch „Nutzung“, nicht aber „Ertrag“ des Waldes sind (s. oben Bd. 1 S. 140 ID. 
e) Ist der mit der Vindikation belangte Besitzer ein bloßer Unterbesitzer, so haftet er, 
auch wenn er für seine Person schlechtgläubig ist, wegen der Nutzungen doch nur wie ein 
gutgläubiger Besitzer, es sei denn, daß auch der Oberbesitzer den Besitz in schlechtem Glauben 
erworben oder seinen Rechtsmangel nachträglich erfahren hat oder daß der Eigentumsan- 
spruch gegen ihn rechtshängig geworden ist (991 1); Beispiel: der gutgläubige rechtlose Eigen- 
besitzer A. hat das streitige Grundstück dem B. verpachtet, der sehr wohl wußte, daß A. zur 
Verpachtung nicht befugt war. Der Grund der Regel ist, daß dem Eigentümer durch den 
guten Glauben des Eigenbesitzers die Nutzungen des Grundstücks so wie so entfremdet sind 
([. oben S. 164 a) und daß deshalb der schlechte Glaube des von dem Eigenbesitzer ange- 
nommenen Unterbesiters für den Eigentümer belanglos ist. 
2. Eine zweite Leistung, die der Vindikant fordern kann, ist Schadens- 
ersatz dafür, daß das Grundstück infolge eines Verschuldens des Besitzers ver- 
schlechtert oder untergegangen ist oder aus einem andern Grunde, namentlich, 
weil es inzwischen veräußert ist, nicht herausgegeben werden kann; die 
Forderung ist begründet: gegen den Besitzer, der den Besitz in schlechtem 
Glauben erworben hat, von Anfang an, gegen einen andern Besitzer von dem 
Zeitpunkt ab, in dem er seinen Rechtsmangel nachträglich erfährt oder die 
Vindikation gegen ihn rechtshängig gemacht wird (990 I, 989, 993 ID. 
Geht die Bindikation gegen einen bloßen Unterbesitzer, so ist die Regel zu 1c nicht 
etwa analog auch auf dessen Schadensersatzpflicht anzuwenden; der Unterbesitzer ist also 
hafibar, wenn er schlechtgläubig ist, mag auch der Oberbesitzer gutgläubig gewesen sein. Ja 
umgekehrt: er kann sogar haftbar sein, wenn er gutgläubig ist, dann nämlich, wenn er für 
den von ihm angerichteten Schaden dem Oberbesitzer verantwortlich ist; hat z. B. der von 
len rechtlosen Eigenbesitzer angenommene gutgläubige Pächter das Pachtgrundstück schuldhaft
	        
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