8 212. Fahrnisvindikation. 173
fähigen Verwendungen das Entgelt, das der Besitzer für den Erwerb der
Streitsache an einen Zwischenbesitzer gezahlt hat, — vorbehaltlich einer unten
zu erwähnenden landesgesetzlichen Ausnahme — nicht gehört, auch wenn er
sich beim Erwerbe der Sache in gutem Glauben befunden hat: weder der
schlecht= noch der gutgläubige Besitzer hat, so pflegt man sich auszudrücken,
wegen des von ihm entrichteten Entgelts einen „Lösungsanspruch". Wir
haben es demgemäß, wenn eine Fahrnissache von einem Unbefugten an einen
Dritten entgeltlich veräußert wird, mit zwei Fällen zu tun, die geradezu ent-
gegengesetzt behandelt werden.
1. Entweder erlangt der Dritte wegen seines guten Glaubens das Eigen-
tum der Sache. Dann behält er die Sache, und der bisherige Eigentümer
geht leer aus.
2. Oder der Dritte erlangt das Eigentum nicht, weil er schlechtgläubig
oder die Sache dem bisherigen Eigentümer abhanden gekommen war. Dann
kann letzterer die Herausgabe der Sache fordern, ohne das von dem Dritten
geleistete Entgelt vergüten zu müssen: der Dritte geht also leer aus.
Beispiel. Der mittellose A. hat den B. durch Drohungen gezwungen, ihm ein Bild im Wert
von 20000 Mk. zu schenken, hat dann dies Bild an den gutgläubigen C. für 10000 Mk.
käuflich veräußert und ist mit dem Kaufpreise verschwunden; nun sicht B. die Schenkung
aus 123 an und klagt gegen C. auf Herausgabe des Bildes. Hier hat B. recht, wenn die
Sache ihm „abhanden gekommen“ ist; andernfalls hat er unrecht. Somit fügt das Ge-
richt, je nachdem es die Frage des Abhandenkommens bejaht oder verneint (s. oben S. 81
Abs. 3), entweder dem C. oder dem B. einen Schaden von 20000 Mk. zu. Hätte C. wegen
der von ihm gezahlten 10000 Mk. einen Lösungsanspruch, würde im ersteren Fall der
Schaden nur die Hälfte betragen.
Darüber, ob die Ablehnung eines Lösungsanspruchs des Besitzers gesetzgeberisch ge-
rechtfertigt ist, läßt sich streiten. Ich habe mich über diese Frage anderweit eingehend
geäußert.“
II. Doch fehlt es auch nicht an Regeln, die der Fahrnisvindikation eigen-
tümlich sind.
1. Zunächst ist der Beweis des Fahrniseigentums folgendermaßen geregelt.
a) Es wird vermutet, daß die vindizierte Sache demjenigen gehört, in
dessen Besitz sie sich jeweilig befindet: die Vermutung spricht für das gegen-
wärtige Eigentum des gegenwärtigen, für das vormalige Eigentum des vor-
maligen Besitzers (1006 I Satz 1, I1).
b) Besteht an der Streitsache mittelbarer Besitz, so gilt die Vermutung
zu a zugunsten des Oberbesitzers höchster Stufe (s. 1006 III).
) Gegenüber einem früheren Besitzer versagt die Vermutung zu a, wenn
die Streitsache ihm abhanden gekommen, also namentlich, wenn sie ihm ge-
stohlen oder verloren gegangen ist, es sei denn, daß es sich um Geld oder
Inhaberpapiere handelt (s. 1006 1 Satz 2).
Beispiele. I. A. hat eine Sache dem B. als Pfand, B. hat sie dem C. zur Verwahrung
gegeben; nach dem Tode C.8 stellt sich heraus, daß die Sache nicht mehr bei ihm vorhanden
2) Siehe meinen Aufsatz bei B. & F. 18 S. 48.