180 Buch III. Abschnitt 3. Das Eigentum.
und also, wenn die Auflassung ihn nicht zum Eigentümer gemacht hat, auch
gegen die Ansprüche des Eigentümers gesichert ist, es sei denn, daß die An-
sprüche rechtzeitig und ordnungsmäßig angemeldet worden sind.“ Zu betonen
ist hier namentlich, daß der Erwerb der rechten Gewere so wenig wie die
Buchersitzung guten Glauben des Besitzers voraussetzt und daß das Erfordernis
des alten Rechts, die rechte Gewere müsse sich auf eine formgerechte Auf-
lassung gründen 8, dem Erfordernis des neuen Rechts, die Ersitzung müsse mit
der Eintragung des Grundbuchs übereinstimmen, entspricht. Andrerseits ist
zwischen dem Erwerbe rechter Gewere und der Buchersitzung doch ein sehr
großer Unterschied; denn die rechte Gewere ist nur ein rechtlich gesicherter
Besitzstand, kein volles Eigentum; auch beträgt die zur Gewinnung rechter
Gewere erforderliche Frist nur ein Jahr („Jahr und Tag"“).
b) Seit der Rezeption ist die „rechte Gewere“ so gut wie verschwunden.
Dafür kam jetzt nach römisch-kanonischem Vorbilde eine wirkliche „Ersitzung“
des Grundstückseigentums auf. Darin lag zweifellos eine Annäherung an das
neueste Recht. Allein diese Annäherung wurde dadurch mehr als ausgeglichen,
daß die römisch-kanonische Ersitzung von dem Formalerfordernis einer Auf-
lassung oder Eintragung im Grundbuch gänzlich absah und dafür guten
Glauben des Ersitzenden voraussetzte. Die Frist betrug bald 10 oder 20
(Lordentliche“ Ersitzung, wenn der Ersitzende einen Titel hatte), bald 30 oder
40 Jahre („außerordentliche“ Ersitzung).
IR) Die spätere Gesetzgebung hat die Ersitzung entweder in ihrer römischen
Art beibehalten 10 oder hat sie dadurch beschränkt, daß sie unzulässig sein sollte,
solange der bisherige Eigentümer im Grundbuch eingetragen war 11, oder hat
sie ganz ausgeschlossen. 12
Eine der Buchersitzung des BGB.8s ähnliche, aber keineswegs mit ihr übereinstimmende
Ersitzungsform findet sich im österreichischen und darmstädtischen Recht.
4. Der Erwerb des Eigentums an Grundstücken durch Aufgebot war dem
bisherigen Recht nicht bekannt.
III. 1. a) Der Erwerb des Fahrniseigentums durch rechtsgeschäftliche
Ülbereignung geschah nach dem älteren deutschen und nach dem französischen
Recht leichter als nach dem bürgerlichen Gesetzbuch, da er hier stets durch
bloßen Übereignungsvertrag erfolgen konnte. 1 Dagegen war er nach dem
bisherigen gemeinen, preußischen und sächsischen Recht sehr erschwert; denn die
Abtretung des Herausgabeanspruchs galt hier als Übereignungsmittel nur,
7) Laband, vermögensrechtl. Klagen (69) S. 292; Heusler, Instit. 2 S. 103; Hübner
S. 197.
8) Siehe Laband a. a. O.; Randa, Besitz, 4. Aufl. (95) S. 149 82.
9) Dernb. 1 § 219 ff. 10) Roth 3 § 249.
11) Pr. Eigentumserwerbsges. 6. 12) Sächs. GB. 279.
13) St.-Lehmann 2 § 108“; c. c. 1138. Abw. Gierke, D. PrR. 2 S. 545; Hübner
S. 425.