3§ 215. Alteres Recht. 181
wenn sie zugleich eine Besitzüberweisung enthielt. “ Eine Besonderheit des
preußischen Rechts war, daß bei der Übereignung durch Übersendung das
Eigentum schon mit der Absendung auf den Erwerber überging. 15
b) Nach älterem deutschen Recht galt, wenn ein Unbefugter eine Fahrnis-
sache veräußerte, die bereits früher erwähnte Regel „Hand wahre Hand“ 16:
der wahre Eigentümer konnte die Sache dem Erwerber — von gewissen Aus-
nahmen, z. B. bei über See gekommenen Sachen, abgesehn — abdringen, wenn
sie ihm gestohlen, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war; da-
gegen verblieb die Sache dem Erwerber, wenn der wahre Eigentümer und
sein etwaiger Vertrauensmann den Besitz der Sache freiwillig aufgegeben
hatte. Zweifelhaft ist, ob letztere Regel nur einem gutgläubigen Erwerber zu
statten kam; ebenso ist zweifelhaft, ob der Erwerber geradezu Eigentümer der
Sache wurde oder ob er bloß einen rechtlich gesicherten Besitzstand gewann. 17
a) Auf diesem altdeutschen Standpunkt ist von neueren Rechten nur das
französische stehen geblieben. 18 Dagegen haben die übrigen Rechte nach
römischem Vorgange die Unterscheidung von abhanden gekommenen und freiwillig
fortgegebenen Sachen verworfen und dafür den Grundsatz proklamiert: wer
eine Sache aus unbefugter Hand erwirbt, erlangt kein Eigentum an ihr,
sondern muß sie dem bisherigen Eigentümer herausgeben, selbst wenn dieser
die Sache dem unbefugten Veräußerer anvertraut hatte und der Erwerber bei
der Veräußerung in gutem Glauben gewesen war. Gewisse Ausnahmen galten
nach bisherigem gemeinen und preußischen Recht bei den Veräußerungen des
Fiskus, nach preußischem Recht auch bei den Veräußerungen zünftiger Kauf-
leute, bei der Versteigerung, bei der Veräußerung von Geld. 15
Den Übergang zum neuesten Reichsrecht macht das (ältere) Handels-
gesetzbuch mit Beschränkung auf die Veräußerungen der Kaufleute und das
neueste hamburger und bremer Recht ohne diese Beschränkung ½: das alt-
deutsche Recht wird hier mit der Maßgabe zur Geltung gebracht, daß die
beiden oben besprochenen Zweifelspunkte des alten Rechts dahin entschieden
werden: I. die Regel „Hand wahre Hand“ gibt in dem Fall der Übereignung
eines rechtlosen Eigenbesitzers dem Erwerber Eigentum und zerstört das Eigen-
tum des bisherigen Eigentümers; II. die Regel „Hand wahre Hand“ kommt
nur dem redlichen Erwerber zugut.
2. Der Eigentumserwerb durch Verarbeitung trat nach bisherigem ge-
meinen Recht nur ein, wenn die verarbeitete Sache nicht in ihre frühere Ge-
stalt zurückgeführt werden konnte, während es darauf, ob der Stoff weniger
wert war als die Arbeit, nicht ankam. Auch setzte er nach bisherigem gemeinen
14) Dernb. 1 8 214; ders. pr. PrR. 1 88 238°, 152; söchs. GB. 253, 199ff.
15) Pr. W. 1. 11 8 128. 16) Siehe oden S. 96c, 105 b.
17) Siehe Gierke, D. PrR 2 S. 552. 18) C. c. 2279.
19) Dernb. 1 8 212; pr. M. 1, 10 8 3, I, 15 88 42ff.; schs. G. 254.
20) Uueres H### . 806. Hamb. u. bremer E. z. älteren HWGB. 8 30.