184 Buch III. Abschnitt 3. Das Eigentum.
sitzungszeit, während deren sie sich im ersteren Gebiet befand, nur nach Verhältnis der
kürzeren zu der längeren Ersitzungsfrist in Anrechnung gebracht werden kann. Beispiel: die
zu ersitzende Sache steht seit dem 1. April 1900 im Eigenbesitz des A., bis zum 1. April
1920 befand sie sich in einem Gebiet mit dreißigjähriger Ersitzung, seirdem ist sie in Deutsch-
land; hier kann A. von seinen ausländischen 20 Ersitzungsjahren auf die zehnjährige deutsche
Ersitzungsfrist nur 6 ½/ anrechnen, vollendet also die Ersitzung am 1. August 1923.
c) Analoge Regeln sind auf den Eigentumserwerb des Finders anzuwenden.-"
2. Das Nachbarrecht gilt, wenn die benachbarten Grundstücke in verschiedenen Staaten.
liegen, nur so weit, als es in beiden Staaten gleich geregelt ist 3; denn hier muß die Vor-
aussetzung der Gegenseitigkeit als selbstverständlich gelten. Stimmt das Recht beider Staaten
nicht überein, so kann jeder Eigentümer auf seinem Grundstück treiben, was er will.
3. a) Handelt es sich um das Eigentum an einem deutschen Grundstück, so sind nicht
bloß die dinglichen Rechisbeziehungen des Eigentümers, sondern auch die obligatorischen Be-
gleitrechte, die sich seinem Eigentum zugesellen, und die obligatorischen Verbindlichkeiten, die
aus dem Eigentum zu seinen Lasten erwachsen, nach deutschem Recht zu behandeln “, also
etwa der Anspruch auf Einwilligung in eine Grundbuchberichtigung, das Recht auf Ersatz
nicht ordnungsmäßig gezogener Nutzungen usw.
b) Das nänliche ist anzunehmen, wenn es sich um Fahrnissachen handelt, die sich in
dem jeweils maßgebenden Zeitpunkt in Deutschland befinden.
e) Ob dieser Satz analog auch auf ausländische Grundstücke und auf Fahrnissachen,
die sich im Auslande befinden, angewendet werden kann, läßt sich nicht allgemein entscheiden.
4. Siehe im übrigen oben § 13 sowie den Zusatz zu Abschnitt I1 dieses Buchs.
II. Ubergangsvorschriften.
1. a) Der Erwerb und der Verlust des Grundstückseigentums bestimmt sich von dem
Zeitpunkt ab, in dem das Grundbuch des Bezirks, dem das Grundstück angehört, als ange-
legt anzusehn ist, nach neuem, vorher nach altem Recht (s. oben S. 61ff).
b) Die Regel zu a gilt auch für die Buchersitzung, falls die Ersipungszeit erst nach
Anlegung des Grundbuchs beginnt oder bereits vor Anlegung des Grundbuchs abgelaufen
ist: dort gilt also nur neues, hier nur altes Recht. Ist dagegen die Ersitzung zur Zeit der
Anlegung des Grundbuchs bereits begonnen, aber noch nicht abgelaufen, so wird altes und
neues Recht kombiniert, indem dieses für den Teil der Ersitzung, der mit der Anlegung des
Grundbuchs beginnt, jenes für die Zeit vorher angewendet wird:; die Dauer der Ersitzungs-
frist bestimmt sich in diesem Fall nach neuem Recht, wenn dessen Frist länger ist als die
des alten Rechts; im umgekehrten Fall bestimmt sich dagegen die Frist nach altem Recht:
doch darf natürlich die Frist des alten Rechis, von Beginn der Ersitzung ab gerechnet, nicht
länger sein als die Frist des neuen Rechis, von der Anlegung des Grundbuchs ab ge-
rechnet (EW. 189 11).
c) Auf den Eigentumserwerb durch Aufgebot ist die Regel zu b nicht zu übertragen.
Dieser Erwerb ist also nur zulässig, wenn der dreißigjährige Eigenbesitz des Erwerbers ganz
in die Zeit nach Anlegung des Grundbuchs fällt. Hätte das Gesetz ein andres gewollt, so
hätte es dies irgendwie andeuten müssen. Auch ist zu bedenken, daß die Frist der 30 Jahre
unter Umständen sehr verlängert wird, wenn der bisherige Eigentümer im Grundbuch ein-
getragen ist; wie kann man nun annehmen, daß der Gesetzgeber die Frist stillschweigend schon
zu einer Zeit laufen läßt, in der zahlreiche Gebiete Deutschlands noch gar keine Grundbücher
besitzen oder besaßen?
2. Ist eine Fahrnisersitzung am 1. Januar 1900 bereits begonnen, aber noch nicht
vollendet, so kommt altes und neues Recht kombiniert zur Anwendung, analog wie bei der
Buchersitzung (s. EG. 185, 169 u. oben zu b).
3. Der Inhalt des Eigentums bestimmt sich sowohl bei Grundstücken wie bei Fahrnis
seit dem 1. Januar 1900 nach neuem Recht, auch wenn das Eigentum bereits vorher be-
2) Anders Zitelmann 2 S. 311 10. 8) Ebenso Zitelmann 2 S. 328.
4) A. M. Zitelmann 2 S. 251 und sonst.
5) Abw. Planck Anm. 14 zu E. 189.