§ 216. Die Grunddienstbarkeiten. 191
0) Mitunter werden zu den Grunddienstbarkeiten auch die Beschränkungen gezählt,
denen die Grundstückseigentümer zugunsten ihrer näheren oder ferneren Nachbarn kraft Ge-
setzes unterworfen sind (sog. Legalservituten). Doch sind diese Beschränkungen keine Dienst-
barkeiten im Sinn des BE#. 8.
II. 1. a) Die Begründung der Grunddienstbarkeiten unterliegt denselben
Regeln wie die des Erbbaurechts mit folgenden Unterschieden.
a) Bei der vertragsmäßigen Begründung einer Grunddienstbarkeit kann
als Gegenpartei des Bestellers nicht jede beliebige Person, sondern nur, wer
Verfügungsmacht über das herrschende Grundstück hat, auftreten; der Vertrags-
schluß wird also regelmäßig zwischen den Eigentümern des dienenden und des
herrschenden Grundstücks erfolgen müssen. Daß die strengen Auflassungsformen
beobachtet werden, ist nicht vorgeschrieben; vielmehr richtet sich die Form des
Vertragsschlusses nach den allgemeinen grundbuchrechtlichen Regeln (873).
5) Hat der Berechtigte keinen Anspruch auf den Besitz des dienenden
Grundstücks — und das ist bei der übergroßen Mehrzahl der Grunddienstbar-
keiten der Fall —, so kommt bei der Buchersitzung der Grunddienstbarkeiten
das Erfordernis des dreißigjährigen Besitzes des dienenden Grundstücks in
Fortfall; an Stelle dessen ist vorgeschrieben, daß der Ersitzende in jedem Jahr,
in dem er bei der Eigentums= oder Erbbaurechtsersitzung hätte im Besitz des
betroffenen Grundstücks sein müssen, die zu ersitzende Dienstbarkeit mindestens.
einmal tatsächlich ausgeübt haben muß (s. 900 II, 1029).
)) Für Grundstücke, die im Grundbuch nicht eingetragen sind und auch nicht einge-
tragen zu werden brauchen, kann die Begründung von Grunddienstbarkeiten abweichend vom
Reichsrecht geregelt werden (EcG. 128). Preußen hat von dieser Ermächtigung keinen Ge-
brauch gemacht; die Folge ist, daß in Preußen an derartigen Grundstücken eine Grunddienst-
barkeit überhaupt nicht begründet werden kann. Dagegen läßt Bayern die Begründung
durch eine öffentlich beglaubigte Erklärung des Bestellers und formlose Zustimmung des
Erwerbers zu (bayr. AussfGes. 81; s. auch AusfGes. Württ. 212, Oldenb. 13 usw.).
b) Wie das Erbbaurecht, so können auch die Grunddienstbarkeiten im
Grundbuch auf Antrag doppelt eingetragen werden. Doch findet die zweite
Eintragung nicht auf einem eigens für die Grunddienstbarkeit gebildeten
Grundbuchblatt, sondern auf dem Blatt des herrschenden Grundstücks statt
d. oben S. 13 III, 1).
2. Eine Übertragung der einmal begründeten Grunddienstbarkeit vom
ersten Erwerber auf einen andern erfolgt durch einen Eigentumswechsel beim
herrschenden Grundstück: hier gehn die Grunddienstbarkeiten auf den neuen
Eigentümer von selbst über, auch wenn er es nicht weiß und nicht will. Da-
gegen kann eine Grunddienstbarkeit ohne das herrschende Grundstück nicht ver-
ädußert werden.
III. Der Inhalt der Grunddienstbarkeiten wird in erster Reihe durch
die Privatautonomie der Beteiligten bestimmt und ist deshalb äußerst mannig-
1) Siehe auch Rö. 70 S. 78.