Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

8 216. Die Grunddienstbarkeiten. 193 
Dienstbarkeit nicht gelegt, weil b so tief liegt, daß es die Aussicht von a nicht gefährdet. 
II. Der Eigentümer von m ist befugt, aus dem Fabrikgrundstück u elektrische Kraft so lange, 
als dort solche vorhanden ist, zu entnehmen. 
Auf die landesrechtlichen Beschränkungen der Dienstbarkeiten ist hier nicht weiter ein- 
zugehn, weil sie durchweg dem Landwirtschafts-, Forst= oder Wasserrecht angehören. Nur 
als Beispiel sei erwähnt, daß folgende Dienstbarkeiten nicht mehr neubegründet werden 
können: in Preußen Jagdrechte; in Bayern Jagd-, Forst-, Weiderechte; in Württemberg 
Jagd-, Weide-, Überfahrtsrechte, in Hessen ablösbare Dienstbarkeiten usw. (preuß. Ges. v. 
31. OCkiocber 1848 § 2; bayr. AussGes. 86 usw.). 
2. Ein Recht auf den Besitz des belasteten Grundstücks ist in einer Grund- 
dienstbarkeit nur sehr selten enthalten und wird sich, wo es sich findet, fast 
immer auf einen kleinen Teil jenes Grundstücks beschränken. 
Beispiel. A. hat seinen Garten kraft Grunddienstbarkeit durch eine auf dem Grund- 
stück B.s stehende Mauer gestützt. Hier ist insoweit, als letzteres Grundstück von der Mauer 
des A. eingenommen ist, A. zum Mitbesitz des Grundstücks befugt. 
3. a) Wenn bei der Begründung einer Grunddienstbarkeit der Umfang 
der Rechie, die dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks zukommen, 
unbestimmt gelassen ist („ungemessene“ Dienstbarkeit), ist nach preußischem 
Recht der Bedarf des herrschenden und zugleich der des dienenden Grundstücks 
maßgebend?: die Grunddienstbarkeit ist also derart auszuüben, daß dem Be- 
darf des herrschenden Grundstücks genügt und auch der Bedarf des dienenden 
Grundstücks nicht beeinträchtigt wird; reicht das dienende Grundstück für den 
doppelten Bedarf nicht aus, so ist der Ausfall auf die Eigentümer beider 
Grundstücke nach Verhältnis des beiderseitigen Bedarfs zu verteilen. Anders, 
wenn die Rechte, die dem Eigentümer des herrschenden Grundstücks zukommen, 
ihrem Umfange nach fest bestimmt sind („gemessene“ Dienstbarkeiten): alsdann 
hat es bei dieser Bestimmung einfach sein Bewenden; es kommt also auf den 
Bedarf des herrschenden Grundstücks nur insoweit an, als er die oberste Grenze 
für die Ausübung der Dienstbarkeit abgibt (s. oben S. 192 a); auf den Be- 
darf des dienenden Grundstücks wird überhaupt keine Rücksicht genommen. 
Beispiele. I. A. hat für sein Landgut m das Recht, Quellwasser von n nach m zu 
leiten. Hier muß A., zumal in trocknen Jahren, bescheiden sein: der Wasservorrat ist 
zwischen m und n verhältmismäßig zu teilen. II. A. hat für sein Landgut m das Recht, auf n 
1000 Schafe zur Weide zu treiben. Hier kann er dies Recht auch in magern Jahren ausnutzen, 
obschon er damit dem Eigentümer von n das Halten eignen Viehes vielleicht unmöglich macht. 
b) Für einige Arten der Grunddienstbarkeiten stellen die Landesgesetze 
besondre Regeln auf: so ist in Preußen ein Fußsteig nur zum Gehen, nicht 
auch zum Reiten oder Karrenschieben bestimmt und soll eine Breite von 3 Fuß 
haben; ein Fahrweg gibt auch das Recht zum Reiten und zum Führen von 
Vieh, nicht aber zum Viehtreiben und muß eine Breite von 8 Fuß in der 
geraden Linie und von 12 Fuß in der Biegung haben usw. (pr. LR. I, 22 
§# 65 bis 67, 78, 79). 
4. Bei Ausübung jeder Grunddienstbarkeit, sowohl der ungemessenen wie 
2) Dernb., pr. PrR. 1 6 2932. 
Cosac, Bürgerl. Necht. 5. Aufl. II. 13
	        
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