204 Buch III. Abschnitt 4. Das Erbbaurecht und die Dienstbarkeiten.
nungsmäßige Ausübung des Nießbrauchs herbeigeführt wird, braucht der Nieß-
braucher nicht aufzukommen (1050).
Beispiel. A. unterläßt die Erneuerung des Anstrichs des in seinem Nießbrauch stehenden
Hauses zehn Jahre, was man nicht unwirtschaftlich finden kann, da das Haus vor Beginn
des Nießbrauchs eben neu angestrichen worden war; im 11. Jahr wird der Neuanstrich un-
vermeidlich; gerade jetzt ist aber der Nießbrauch A.s erloschen. Hier braucht A., während
er den Anstrich im 10. Jahr vollständig hätte bezahlen müssen, im 11. nicht einmal einen
Beitrag dazu zu leisten. 10
12. Ist ein Grundstück samt seinem Inventar Gegenstand des Nießbrauchs,
so sind, wie in dem analogen Fall bei der Pachtung, zwei Fälle zu unter-
scheiden.
a) Erster Fall: der Nießbraucher übernimmt das Inventar ohne Be-
stimmung eines Schätzungswerts. Alsdann haftet er strenger als ein Pächter;
er muß nämlich für alle abgehenden oder auszuscheidenden Inventarstücke
Ersatz schaffen, sofern der Abgang ein „gewöhnlicher“ oder die Ausscheidung
durch die Regeln ordnungsmäßiger Wirtschaft geboten war (1048 1 Satz 2).
Der Pächter hat eine ähnliche Pflicht nur bei Inventarvieh und auch hier nur mit
gewissen Einschränkungen, insbesondre der, daß er den Ersatz bloß aus dem von dem In-
ventarvieh gewonnenen Jungvieh beschaffen muß (586 II). Beispiel: ein Gütchen mit zwei
alten Inventarkühen ist Gegenstand von Nießbrauch oder Pacht; beide Kühe kalben nicht mehr
und sind nach den Regeln guter Wirtschaft sofort durch neue zu ersetzen; hier muß der
Nießbraucher schon im ersten Jahr seines Nießbrauchs auf eigne Kosten für Ersatz sorgen,
während der Pächter vom Verpächter zwei neue Kühe auf dessen Kosten fordern kann!
Die neu angeschafften Ersatzstücke gehn von Rechis wegen in das Eigentum dessen
über, dem das Inventar als Ganzes gehört (1048 1 am Ende).
Der Pflicht des Nießbrauchers zur Anschaffung von Ersatzstücken entspricht das Recht,
über die einzelnen Inventarstücke zu verfügen, jedoch nur innerhalb der Grenzen einer
ordnungsmäßigen Wirtschaft (1048 1 Satz 1).
b) Zweiter Fall: der Nießbraucher übernimmt das Inventar zu einem
Schätzungswert mit der Klausel, daß es ihm bei Beendigung des Nießbrauchs
zum nunmehrigen Schätzungswert wieder abzunehmen sei („#eisernes Inventar“).
Alsdann haftet er ebenso wie ein Pächter, also für alle, selbst die ungewöhn-
lichsten Abgänge; dafür muß ihm aber auch, wenn der Wert des Inventars
sich während seines Nießbrauchs angemessen steigert, der Mehrwert vergütet
werden (1048 II).
13. Rechtsgeschäftlich können dem Nießbraucher noch andre Pflichten,
namentlich die Leistung eines jährlichen Zinses, auferlegt werden. Doch ist das
selten; in der Mehrzahl der Fälle ist der Nießbrauch unentgeltlich.
14. a) Die Verpflichtungen des Nießbrauchers sind obligatorischer Art
und ihre Erfüllung nicht einmal, wie die der Pächterpflichten, durch ein gesetz-
liches Pfandrecht an den vom Nießbraucher auf das Nießbrauchgrundstück ge-
brachten Sachen oder an den Früchten des Nießbrauchgrundstücks gesichert.
Auch braucht der Nießbraucher nicht wie ein Pächter zu gewärtigen, daß ihm
wegen Nichterfüllung seiner Pflichten der Nießbrauch „gekündigt“ werde.
10) Siehe hierzu meine Bemerkung bei B. & F. Heft 13 S. 59.