232 Buch III. Abschnitt 5. Das Pfandrecht an Grundstücken.
1155, der eine ununterbrochene Reihe öffentlich beglaubigter Erklärungen voraussetzt, gegen
L.; doch ist nicht einzusehn, warum L. die Hypothek nicht erworben haben sollte, da doch K. sie
erworben hat und die Abtretung von K. an L. trotz ihrer mangelnden Beglaubigung an
und für sich vollgültig ist. Dagegen wäre der Erwerb des L. ungültig, wenn etwa die
Abtretungserklärung des G. an H. oder gar die des H. an J. unbeglaubigt wäre; denn
alsdann ist der Erwerb des J. und also auch der des K. und des L. ungültig. IV. Der-
selbe Fall wie zu III; nur ist die Hypothek von G. auf H. nicht durch Abtretung, sondern
laut gerichtlichen Erbscheins durch Erbfolge übergegangen. Hier ist der Erwerb des L. in
derselben Art gültig wie zu III (s. oben S. 230 5).8
e) Weichen die Angaben des Briefs von denen des Grundbuchs ab, so
gehn — unbeschadet der eben zu d entwickelten Regel — im allgemeinen die
Angaben des Grundbuchs vor: dem Brief kommt also ein eigner öffentlicher
Glaube nicht zu. Doch gilt eine Ausnahme, wenn die Angaben des Grund-
buchs unrichtig sind: hier versagt die Fiktion der Unfehlbarkeit des Grund-
buchs insoweit, als die Unrichtigkeit aus dem Brief zu ersehn oder in dem
Brief ein Widerspruch gegen die Richtigkeit des Grundbuchs vermerkt ist
(1140). Und zwar kommen für diese Ausnahmevorschrift auch Vermerke in
Betracht, die von Privatpersonen auf den Brief gesetzt sind.
Beispiele. I. Als Zinssatz einer für A. eingetragenen Briefhypothek sind bei deren
Bestellung 4% vereinbart worden; fälschlich wird aber der Zinssatz im Grundbuch auf 5,
im Hypothekenbrief gar auf 6% angegeben; A. tritt die Hypothek an B. ab, der sie im
Vertrauen auf den Brief für eine sechsprozentige hält. Hier beträgt der dem B gebührende
Zinssatz nicht, wie vereinbart, 4 und auch nicht, wie der Brief angibt, 6, sondern, wie das
Grundbuch besagt, 5%. II. 1. Derselbe Fall; nur war auf dem Brief, als B. die Hypothek
erwarb, vermerkt: „der Zinssatz beträgt nur 4%“. Hier gebühren dem B., auch wenn der
Vermerk keine Unterschrift trägt und B. ihn, da er nur mit Bileistift geschrieben war, über-
sehn hat, wirklich bloß die vereinbarten 4%. 2. Ebenso, wenn der Vermerk lautete: „der
Zinssatz beträgt nur 3%“. Dieser Vermerk genügt also zwar nicht, um den Zinssatz entgegen
der wirklichen Rechtslage auf 3, er genügt aber, um ihn gemäß der wirklichen Rechtslage auf
4% herabzudrücken. III. 1. Für C. ist auf dem Hause des D. eine Darlehnshypothek
von 10000 Mk. eingetragen, obschon D. von C. bisher nur 5000 Mk. Darlehn empfangen
hat; auf Antrag des D. ist ein dementsprechender „Widerspruch“ im Grundbuch eingetragen,
während der Hypothekenbrief von dem Widerspruch nichts meldet; so kommt es, daß E. sich
die Hypothek im Vertrauen auf den Brief von C. abtreten läßt, ohne etwas von dem
Mangel zu ahnen, der der Hypothek anklebt. Hier muß E. trotz seines guten Glaubens den
Einwand, das Darlehn sei dem D. nur zur Hälfte ausbezahlt, auch gegen sich gelten lassen.
2. Derselbe Fall; nur war der Widerspruch auch auf dem Hypothekenbrief vermerkt und dem-
nächst zwar im Grundbuch gelöscht, dagegen im Brief stehn geblieben; E. hatte sich auf dem
Grundbuchamt von der Löschung des Widerspruchs im Grundbuch überzeugt und deshalb dem
Stehnbleiben des Widerspruchs im Brief keine Bedeutung beigelegt, zumal der frühere Gläu-
biger C. ihm ausdrücklich versicherte, der Widerspruch sei erledigt. Hier ist die Entscheidung keine
andre als zu 1: solange der Widerspruch im Brief steht, ist er eben gegen E. wirksam. Doch
hätte es für E. ein einfaches Mittel gegeben, sich gegen den Widerspruch zu schützen: es
hätte genügt, wenn er den C. veranlaßt hätte, vor der Abtretung der Hypothek den Wider-
spruch im Brief einfach durchzustreichen.
f) Wird ein Pfandrecht geteilt, so kann über jeden Teil ein besondrer
Brief in der Art gebildet werden, daß für den einen Teil ein neuer Brief
ausgestellt, für den andern Teil der alte Brief unter Hinweis auf die Teilung
8) Abw. Planck-Strecker Anm. 2by zu 1155.