Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 226. Begründung der Briefhypothek. 239. 
also durch Übergabe, Besitzkonstitut s usw. (1117 1 Satz 2). Ist der Gläubiger 
tatsächlich im Besitz des Briefs, so spricht die Vermutung dafür, daß er den 
Besitz durch Übergabe von seiten des Bestellers erlangt hat (1117 II). 
§&Die Parteien können aber abweichend von der Regel zu a vereinbaren, 
daß der Gläubiger berechtigt sein soll, sich den Brief unmittelbar vom Grund- 
buchamt aushändigen zu lassen?; ist diese Vereinbarung getroffen, so kommt 
die Hypothek nicht etwa — wie man nach Analogie der Regel zu a annehmen 
sollte — erst dadurch, daß die Aushändigung des Briefs vom Amt an den. 
Gläubiger tatsächlich erfolgt, sondern schon mit der Eintragung im Grundbuch 
zustande (1117 I.). 
Beispiele. I. Am 1. Mai ist auf dem Grundstück A.s eine Briefhypothek für B. im 
Grundbuch eingetragen; am 5. Mai sendet das Grundbuchamt den Brief an A. ab; durch 
eine Verwechslung wird der Brief aber an C. abgeliefert; am 1. Juni tritt A. seinen An- 
spruch gegen C. auf Herausgabe des Briefs an B. ab; am 3. Juli händigt C. den Brief 
dem B. aus. Hier hat B. die Hypothek, wenn er laut Abrede ermächtigt war, die Ab- 
lieferung des Briefs vom Amt unmittelbar an sich zu fordern, schon am 1. Mai, andern- 
falls gemäß 931 am 1. Juni erworben. II. Derselbe Fall; nur stellt A. nachträglich in 
Abrede, daß er seinen Herausgabeanspruch gegen C. an B. abgetreten habe, und behauptet, 
C. habe den Brief eigenmächtig an B. abgeliefert. Hier ist, da ja B. den Brief tatsächlich 
in Besitz hat, nicht er, sondern A. beweispflichtig. Der Gesetzestext (1117 III) ist freilich 
zweifelhaft, da er nur von der „Übergabe“, die unstreitig gar nicht stattgefunden, nicht aber 
auch von der Abtretung des Herausgabeanspruchs spricht. 
Das Gesetz läßt die Überweisung des Briefs nicht durch den Besteller der Hypothek, 
sondern durch den „Grundstückseigentümer“ geschehn. Danach scheint es, als wäre, wenn 
der Gaundstückseigentümer und Besteller A. das Pfandgrundstück gleich nach Eintragung 
der Hypothek an B. übereignete, der Brief vom Amt dem neuen Eigentümer B. zuzustellen 
und nicht durch A., sondern durch B. an den Gläubiger weiterzugeben. Doch ist das schwer- 
lich die wahre Meinung des Gesetzes. 
2. Die vier zu 1 bestimmten Voraussetzungen sind insofern gleich wesent- 
lich, als der Gläubiger die Briefhypothek erst dann erwirbt, wenn einer jeden 
von ihnen genügt ist. Dagegen sind sie in andrer Beziehung nicht gleichwertig. 
a) Solange der ersten oder der dritten Voraussetzung nicht genügt ist, 
kommt irgendein Pfandrecht überhaupt nicht zustande (873).10 
b) Anders, wenn die erste und dritte Voraussetzung erfüllt ist und nur 
die Erfüllung der zweiten und vierten Voraussetzung noch aussteht: hier tritt 
das Pfandrecht, so wie es im Pfandvertrage und Grundbuch bestimmt ist, 
mit der Maßgabe in Kraft, daß es nicht als Briefhypothek dem in Vertrag 
umnd Brief genannten Gläubiger, sondern als verkappte Eigentümerbriefgrund- 
schuld dem Eigentümer des Pfandgrundstücks zufällt (1163 1 Satz 1, II, 1177).11 
Beispiel. A. läßt hintereinander für B., C. und D. je eine Hypothek an seinem Hause 
mit der Maßgabe eintragen, daß die Gläubiger berechtigt sein sollen, sich ihre Hypotheken= 
briefe vom Grundbuchamt aushändigen zu lassen; indes kommt B.s Hypothek nicht zustande, 
9) NG. 73 S. 416. 
9) N. 66 S. 98. R. 68 S. 101, 70 S. 354. 
11) RNW. 55 S. 220; Hirsch, Arch. f. B. 25 S. 222.
	        
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