§ 238. Eintritt des Grundstückserwerbers in die Vermieterpflichten. 293
Beispiel: A. hat 1900 ein Haus an B. auf fünf Jahre mit der Klausel vermietet,
daß bei nicht rechtzeitiger Kündigung die Miete auf weitere fünf Jahre verlängert sei;
1902 übereignet er das Haus an C. und teilt dies dem B. mit; 1903 übereignet C. das
Haus weiter an D.; 1907 übereignet es D. an E.; im Jahr 1904 und 1906 begeht D.,
im Jahr 1908 begeht E. eine Pflichtverletzung gegen B. Hier haften: 1904 D. und wie
ein selbstschuldnerischer Bürge A., 1906 nur D., 1908 nur E.
) Die Regeln zu a und b gelten analog, wenn der Vermieter oder ein späterer Eigen-
tümer das Mietgrundstück mit einem Recht belastet, dessen Ausübung den Gebrauch des
Grundstücks durch den Mieter gänzlich ausschließen würde, also etwa mit einem Erbbaurecht
oder einem Nießbrauch: alsdann ist Mietschuldner nicht der jeweilige Eigentümer, sondern
— unter der bürgschaftsartigen Mithaftung des Vermieters — der Erbbauberechtigte oder
der Nießbraucher (577 Satz 1). Ebenso gelten sie analog auch dann, wenn die Vermietung
von einem Nießbraucher ausgegangen und dessen Nießbrauch erloschen ist: Mietschuldner ist
sortab der jeweilige Eigemümer des nießbrauchfrei gewordenen Grundstücks unter bürg-
schastsartiger Mithaftung des Nießbrauchers oder seiner Erben (1056 1).
3. Das dingliche Mietrecht wirkt wie auf die persönliche Forderung des
Mieters, so auch auf die Gegenforderung des Vermieters maßgeblich ein, —
leicht verständlich, wenn man den engen Zusammenhang bedenkt, der zwischen
den gegenseitigen Forderungen von Mieter und Vermieter besteht.“
a) Sobald der Mieter ein dingliches Mietrecht erlangt hat und damit
seine Mieterforderung nicht mehr gegen den Vermieter als solchen, sondern
gegen den „Mietschuldner“ gerichtet ist, steht auch die Vermieterforderung nicht
mehr dem Vermieter als solchem, sondern dem jeweiligen Mietschuldner zu.
Wenn also das Mietgrundstück von dem Vermieter einem andern, von diesem
einem Dritten usw. übereignet wird, so tritt der neue Erwerber jedesmal auch
in die Vermieterrechte ein.
a) Der Eintritt des neuen Eigentümers in die Vermieterrechte erfolgt von
Gesetzes wegen. Doch ist eine entgegenstehende Vereinbarung zwischen dem alten
und dem neuen Eigentümer zulässig (s. 1124 III).
Die Vermieterrechte des neuen Eigentümers ruhn auf dem Mietvertrage,
wie dieser vor der Ubereignung in Geltung war. Der neue Eigentümer muß
also alle Klauseln dieses Vertrages gegen sich gelten lassen, mögen sie noch so
ungünstig für ihn sein.
7) Der neue Eigentümer tritt nur in diejenigen Vermieterrechte ein, die
sich während der Dauer seines Eigentums ergeben (571 1). Er kann also von
dem Mieter den Mietzins fordern, der nach der Ubereignung fällig wird, ohne
Rücksicht darauf, ob die Zeit, „für“ die der Zins zu zahlen ist, vor oder nach
der Ubereignung liegt.
Beispiel. Die Jahresmiete ist halbjährig am 1. April und 1. Oktober zahlbar; über-
eignung am 1. August. Hier erwirbt der neue Eigentümer das Recht auf die am 1. Oktober
sälligen Zinsen, erhält also, wenn die Zinsen im voraus zu zahlen sind, zwei Monatszinsen
zu wenig, andernfalls vier Monatszinsen zu viel. Dies Zuwenig oder Zuviel ist zwischen
dem alten und dem neuen Eigentümer auszugleichen (101 Nr. 2, 446); den Mieter geht diese
Auseinandersetzung nichts an.
b) Tritt nach der Regel zu a der neue Eigentümer in die Vermieterrechte
v. Brünneck bei Gruchot 47 S. 288.