294 Buch III. Abschnitt 7. Das dingliche Miet= und Pachtrecht.
ein, so gehn diese Rechte gleichzeitig dem alten Eigentümek verloren. Doch
behält der alte Eigentümer alle Rechte, die sich schon während der Zeit seines
Eigentums „#ergeben“ haben, insbesondre das Recht auf den vor der Über-
eignung fälligen Mietzins (571 1). Hat der alte Eigentümer über den nach
der Übereignung fälligen Mietzins schon vor der Übereignung verfügt, so muß
der neue Eigentümer diese Verfügung gegen sich gelten lassen, wenn er sie zur
Zeit der Übereignung gekannt hat (573 Satz 2). Andernfalls ist die Verfügung
gegen den neuen Eigentümer nur für den Mietzins zweier Kalendervierteljahre
wirksam, nämlich: wenn die Verfügung gegenüber einem Dritten geschah, für
das Vierteljahr, in dem die Übereignung vor sich ging, und das folgende
Vierteliahr; wenn die Verfügung gegenüber dem Mieter geschah, für das
Vierteljahr, in dem dieser von der Übereignung Kenntnis erhielt, und das
folgende Vierteljahr (573 Satz 1, 574). Hierher gehören namentlich folgende
Fälle: der alte Eigentümer hat den Mietzins einem Dritten abgetreten oder
verpfändet; der alte Eigentümer hat den Mietzins sich vom Mieter im voraus
zahlen lassen, er hat ihn gestundet, ermäßigt, erlassen. Gleichzustellen den Ver-
fügungen des alten Eigentümers sind Beschlagnahmen und Uberweisungen, die
seine Gläubiger im Wege der Zwangsvollstreckung gegen ihn erwirken.7
Beispiel. A. hat 1900 einen Laden an B. auf 10 Jahre für 10000 Mk. jährlich ver-
mietet; 1901 ermäßigt er aber den Zins auf 7000 Mk.; anfangs 1906 übereignet er den
Laden an C., ohne ihm die Herabsetzung des Mietzinses anzuzeigen. Hier kann C. die Zins-
ermäßigung vom 1. Juli 1906 ab umstoßen.
Der Sinn der Regel ist, daß die Mietzinsen die Frucht des Mietgrundstücks sind und
deshalb nicht in unwirtschaftlicher Art von ihm getrennt werden dürfen: sowenig man das
Korn schneiden soll, ehe die Erntezeit da ist, sowenig soll man Mietzinsen einziehn, ver-
äußern oder schmälern, ehe nicht das Halbjahr, für welches sie geschuldet werden, begonnen
hat. Das Gesetz erhebt nun diese Wirischafisregel zur Rechtsregel. Verwandt, aber noch
schärfer sind die bereits früher besprochenen Regeln, die die Haftung der Mietzinsen zu-
gunsten der Pfandgläubiger betreffen.
c) Die Regeln zu b zeigen, daß der alte Eigentümer eine wennschon
beschränkte Verfügungsmacht über die Vermieterrechte des neuen Eigentümers
hat. Diese Verfügungsmacht erlischt aber bei Verfügungen gegenüber Dritten,
sobald die Ubereignung vor sich gegangen, bei Verfügungen gegenüber dem
Mieter, sobald dieser die Ubereignung erfahren hat; Verfügungen, die der alte
Eigentümer nach diesem Zeitpunkt trifft, sind also für den neuen Eigentümer
durchaus unverbindlich, selbst wenn sie einen Mietzins betreffen, der zur Zeit
der Verfügung bereits fällig war (573 Satz 1, 573 Satz 2).
d) Mit Gegenforderungen, die ihm wider den alten Eigentümer zustehn, darf der Mieter
gegen die dem neuen Eigentümer zustehenden Mietzinsen nur aufrechnen, wenn es sich um
den Mietzins für das Vierteljahr, in dem er die Ubereignung erfahren hat, oder das folgende
Vierteljahr handelt; und auch für diese beiden Vierteljahrszinsen hat er das Aufrechnungs-
recht nur mit den nämlichen Beschränkungen, die auch für die Aufrechnung gegen eine
rechtsgeschäftlich abgetretene Forderung gelten; die Aufrechnung ist also ausgeschlossen: I. wenn
der Mieter die Gegenforderung erst erworben hat, als die Uvereignung ihm bereits bekannt
—.. ——
7) R. 58 S. 181, 59 S. 177, 64 S. 418; Mittelstein, Miete, 2. Aufl. (09) S. 497.