300 Buch III. Abschnitt 8. Das Fahrnispfandrecht und das Pfandrecht an Rechten.
2. Erwerb des Fahrnispfandrechts.
a) Begründung eines neuen Fahrnispfandrechts.
a) Begründung des Fahrnispfandrechts durch Vertrag.
8 242.
J. Die vertragsmäßige Begründung eines Fahrnispfand-
rechts geschieht der Regel nach durch Übergabe des Pfandes (1205 I Satz 1)
und unterliegt alsdann genau denselben Regeln wie die Übereignung einer
Fahrnissache durch Übergabe. Besonders hervorgehoben sei das Folgende:
1. Die Übergabe muß dem Gläubiger oder seinem Vertreter den unmittel-
baren Besitz des Pfandes verschaffen. 1
Beispiele. I. A. will seiner Frau, der er irgendeine Geldsumme schuldig ist, seinen
Schreibtisch verpfänden. Hier genügt es, wenn er mit ihr ernstlich vereinbart, daß
sie die ratsächliche Herrschaft über den Tisch haben solle (854 II). Es ist also nicht nötig,
daß der Tisch aus A.s Wohnung oder auch nur aus dem Studierzimmer A.8s entfernt wird;
denn es ist keineswegs nötig, daß die Verpfändung für Dritte erkennbar gemacht wird.
Auch schadet es nichts, wenn Frau A. widerruflich dem Mann gestattet, den Tisch in Gebrauch
zu behalten. II. Derselbe Fall; nur will A. den Schreibtisch seinem Schwiegervater B. ver-
pfänden. Hier kann die Verpfändung ebenso geschehn wie zu I, indem B. seiner Tochter
Vollmacht gibt, den Schreibtisch als seine Vertreterin in Pfandbesitz zu nehmen. Dagegen
wäre es unzulässig, daß A. selber zum Vertreter des B. bestellt wird. Denn dann würde
keine ÜUbergabe, sondern ein Besitzkonstitut vorliegen.
2. Die Verpfändung kann auch bedingt und befristet erfolgen.
3. Der Verpfänder wird meist Eigentümer des Pfandes sein und ist dann
identisch mit dem Pfandschuldner. Doch ist unter den nämlichen Voraus-
setzungen, unter denen eine Übereignung von Fahrnis durch einen Nichteigen-
tümer gültig ist, auch die Fahrnisverpfändung durch einen Nichteigentümer
gültig (1207).3 Der wirkliche Eigentümer behält alsdann sein Eigentum, muß
aber das Pfandrecht gegen sich gelten lassen, wie wenn es von ihm selber be-
stellt wäre.
Beispiele. I. Die A. hat sich von B. am 1. April 1911 20 Mk., rückzahlbar am
1. April 1912 und bis dahin mit 8%% zu verzinsen, geborgt und ihm als Pfand eine Näh-
maschine gegeben. Hier erlangt B. ein Pfandrecht auch dann, wenn C., von dem die A. die
Maschine gekauft hatte, sich bis zur Vollzahlung des Kaufpreises das Eigentum vorbehalten
hatte und ein Teil des Preises noch ausstand, es sei denn, daß B. bei Empfang der
Maschine diesen Sachverhalt gekannt oder grobfahrlässig verkannt hat. Demnach behält C. zwar
das Eigentum der Maschine, kann aber von B. die Herausgabe erst am 1. April 1912 und
nur gegen Erstattung von 21,60 Mk. fordern. II. Derselbe Fall; nur hatie die A. die
Maschine dem C. gestohlen. Hier kann C. von B. die sofortige Herausgabe ohne irgend-
welche Gegenleistung verlangen. Siche indes oben S. 175c.
1) Rö. 53 S. 219, 66 S. 262, 67 S. 422; Obstfelder, Ztschr. f. Handelsrecht 56
S. 126.
2) Abw. RG. 66 S. 262; Endemann II, 1 S. 909.
3) RG. 58 S. 162.