8 244. Schuldübernahme. 8 244a. Recht auf Pfandbesitz. Vermieterpfandrecht. 311
zwar nicht in seinem Besitz, aber doch innerhalb seiner Herrschaftssphäre, näm-
lich auf dem Miet-, Pacht= oder Gasthausgrundstück befinden. Auf den Ver-
bleib innerhalb dieser Sphäre hat er aber ein festes, dinglich wirksames Recht.
Demgemäß kann er, wenn die Sachen ohne sein Wissen oder gegen seinen
Widerspruch von dem Grundstück entfernt sind, von dem Besitzer ihre Heraus-
gabe zum Zweck der Zurückschaffung in das Grundstück fordern; ja, wenn
die Entfernung erst im Werk ist, kann er sie sogar gewaltsam verhindern
(6561 II Satz 1, I, 581 II, 704). Zieht jedoch der Schuldner für seine Person
aus dem Miet-, Pacht= oder Gasthausgrundstück aus, so gewinnen nunmehr
auch der Vermieter, der Verpächter und der Gastwirt ein Recht auf den Be-
sitz der Pfandsachen; sie können demgemäß die auf dem Grundstück noch be-
findlichen Sachen gewaltsam in Besitz nehmen und bei den ohne ihr Wissen
oder gegen ihren Widerspruch bereits entfernten Sachen von jedem Besitzer die
Überlassung des Besitzes fordern (561 I, II Satz 1, 581 II, 704).
6Die Rechte des Gläubigers zu a fallen fort, wenn noch soviel Sachen
des Mieters, Pächters oder Gasts auf dem Miet-, Pacht= oder Gasthaus-
grundstück zurückbleiben, daß der Gläubiger durch sie offenbar ausreichend ge-
sichert ist; außerdem versagen sie ohne jede Rücksicht auf die Sicherheit des
Gläubigers, wenn die Entfernung der Pfandsachen vom Miet-, Pacht= oder
Gasthausgrundstück entweder im regelmäßigen Geschäftsbetriebe des Schuldners
oder in Einklang mit den gewöhnlichen Lebensverhältnissen erfolgt (560 Satz 2,
581 II, 704).
Beispiele. I. A. erfährt, daß sein Mieter B. heimlich ausgezogen und sein Mieter C.
in derselben Art auszuziehn im Begriff ist, obschon beide ihm noch Miete schulden; die Möbel
des B. sind zum Teil in die neue Wohnung geschafft, die B. von D. gemietet hat, zum
Teil sind sie an E. veräußert, zum Teil dem F. verpfändet: die Möbel des C. befinden
sich, als A. auf dem Kampfplatz erscheint, zum Teil noch in C.s Wohnung, zum Teil in
einem vor dem Hause stehenden Möbelwagen; auf A.8s Befragen erklärt C., daß er auf dem
Ausziehn beharre. Hier kann A. sich gewaltsam in den Besitz der noch in der Wohnung
befindlichen Möbel C.s setzen. Dagegen kann er wegen der andern Möbel nur auf Besitz-
überlassung klagen und zwar gegen B., C. und D. unbedingt, gegen E. und F. nur dann,
wenn sie beim Erwerbe des Besitzes der Sachen das Pfandrecht A.s gekannt oder grob-
fahrlässig verkannt haben (s. unten den l. Abs.). II. 1. Kaufmann G., der von H. einen Laden
gemietet hat, verkauft allmählich seine Warenvorräte und liefert sie an seine Käufer ab, ohne
sofort neue Vorräte anzuschaffen. Hier muß H. sich die Entfernung der Waren trotz seines
Pfandrechts, mag auch der rückständige Mietzins des G. den Wert der noch vorhandenen
Waren weit übersteigen, gefallen lassen, weil sie dem regelmäßigen Geschäftsbetriebe entspricht.
Dagegen hat H. ein Widerspruchsrecht, wenn G. die Waren im Ausverkauf vertreibt oder
in einen gleichfalls von ihm geführten zweiten Laden schafft. 2. J., der seinem Vermieter
K. 3000 Mk. Miete schuldet, entfernt seine einzigen wertvollen Möbel aus der Wohnung,
um sie aufpolieren zu lassen, und bringt jede größere Geldsumme, die für ihn eingeht, sofort
zum Bankier. Hier muß K. diese Entpfändung der Möbel und des Geldes widerspruchslos
dulden, weil sie den gewöhnlichen Lebensverhältnissen entspricht.
In dem ersten der eben genannten Beispiele ist gesagt, daß dem A. gegen E. und F.
ein Herausgabeanspruch nur zusteht, wenn diese beim Erwerbe der Sachen in Ansehung
2) Lassen, Arch. f. BR. 30 S. 263.