Neunter Abschnitt.
Das dingliche Vorkaufsrecht.“
248.
I. 1. a) Das dingliche Vorkaufsrecht ist das auf einem Grund-
stück lastende dingliche Recht, kraft dessen der Berechtigte — sei es eine indivi-
duell bestimmte Person, wie beim Erbbaurecht, sei es der jeweilige Eigentümer
eines andern Grundstücks, wie bei der Grunddienstbarkeit — fordern kann, daß
das Grundstück, falls es verkauft wird, unter den mit dem Käufer vereinbarten
Bedingungen nicht dem Käufer, sondern ihm, dem Berechtigten, übereignet
werde (1094). Den Berechtigten nennen wir den Vorkäufer, den Eigen-
tümer des Grundstücks zur Zeit desjenigen Verkaufs, auf den das Vorkaufs-
recht sich bezieht, nennen wir den Vorverkäufer.
b) Mit dem dinglichen Vorkaufsrecht ist eine persönliche Forderung auf
Übereignung des Vorkaufsgrundstücks im Vorkaufsfall verbunden.
a) Die Forderung entsteht je nach Lage des Falls entweder erst beim
Eintritt des Vorkaufsfalls, oder sie tritt in bedingter Form bereits bei der
Begründung des Vorkaufsrechts in Kraft.
6) Als Schuldner der Forderung wird meistens individuell derjenige be-
zeichnet, der zur Zeit der Begründung des Vorkaufsrechts Eigentümer des Vor-
kaufsgrundstücks ist; das Vorkaufsrecht greift alsdann nur Platz, wenn gerade
dieser Eigentümer oder sein Erbe das Grundstück verkauft (1097 erster Halbsatz);
läßt der Berechtigte sich diesen Verkauf und in dessen Erfüllung die Über-
eignung des Vorkaufsgrundstücks an den Käufer gefallen, ohne sein Vorkaufs=
recht geltend zu machen, so ist sein Recht erloschen: bei der ersten Übereignung
des Grundstücks kann also der Berechtigte eingreifen; bei einer Weiterveräußerung
kann er es nicht mehr. Als Schuldner der Forderung kann aber auch unbe-
stimmt der jeweilige Eigentümer des Vorkaufsgrundstücks bezeichnet werden;
das Vorkaufsrecht greift alsdann nicht bloß bei der ersten, sondern auch bei
1) Immerwahr, Jahrb. f. Dogm. 40 S. 279.