16 Buch III. Abschnitt 1. Das Sachenrecht im allgemeinen.
I. 1. a) Die Verfügungen sind solange, als sie noch nicht im Grundbuch
eingetragen sind, sormbedürftig.
a) Ist die Verfügung, wie regelmäßig, in einem dinglichen Vertrage zu
treffen (s. oben S. Sa), so stellt das Gesetz den Parteien in liberalster Weise
die Wahl zwischen vier verschiedenen Formen frei (873 1).
aa) Entweder werden die Erklärungen beider Vertragsparteien — also
die Verfügung als solche einerseits, die Annahme der Verfügung durch die
Gegenpartei andrerseits — gerichtlich oder notariell beurkundet.
606) Oder die Erklärungen beider Vertragsparteien werden mündlich vor
dem Grundbuchamt abgegeben.
7)) Oder die Erklärungen beider Vertragsparteien werden schriftlich
abgegeben und beide Schriftstücke dem zuständigen Grundbuchamt eingereicht.
0) Oder nur die Verfügung als solche wird formalisiert, indem der
Verfügende nach den hierfür geltenden, später noch genauer zu erörternden
Regeln der Grundbuchordnung (s. unten S. 52, 3) die Eintragung der Verfügung
im Grundbuch formell bewilligt und diese Eintragungsbewilligung der Gegen-
partei aushändigt, während die Annahmeerklärung der Gegenpartei formlos
abgegeben wird.
Beispiel. A. will an seinem Hause dem B. eine Hypothek bestellen. Hier ist der für
die Hypothekenbestellung erforderliche dingliche Vertrag formgerecht abgeschlossen, wenn
erstens A. so, wie die Grundbuchordnung es vorschreibt, also in einer öffentlich beglaubigten
Urkunde (s. unten S. 52, 3) die Eintragung der Hypothek einseitig bewilligt und diese Urkunde
dem B. aushändigt und wenn zweitens B. dieser Eintragungsbewilligung formlos zustimmt,
etwa dadurch, daß er die von A. ausgestellte Urkunde in Kenntnis ihres Inhalts stillschweigend
entgegennimmt.
Bei den Formvorschriften zu c ist zweierlei zu beachten. I. Zu §#8 und 7) bedarf
es der Einhaltung der in der Grundbuchordnung vorgeschriebenen Formen nicht; die münd-
lichen Erklärungen zu 5/8 sind also verbindlich, auch wenn das Grundbuchamt sie unrichtig
oder gar nicht protokolliert hat; ebenso sind die schriftlichen Erklärungen zu 2) verbindlich,
auch wenn die Unterschrift darunter nicht öffentlich beglaubigt ist 2:; daß dies dem Willen des
Gesetzgebers entspricht, ergibt sich aus dem Wortlaut von 873 II deutlich; man wird sich dem
um so lieber fügen, als sich für die hier vorgeschlagene Auslegung des Gesetzes auch sach-
liche Gründe anführen lassen. II. Zu 00 kann die „Aushändigung“ der Eintragungsbewilli-
gung auch durch Besitzüberweisung und sog. traditio brevi mann ersetzt werden (s. unten
§ 199). Dagegen ist ein Besitzkonstitut unzureichend. Nimmt man aber letzteres an, so
wird man folgerecht sagen müssen: die der Gegenpartei „ausgehändigte“ Eintragungsbe-
willigung verliere nachträglich ihre Verbindlichkeit, wenn die Gegenpartei sie dem Urheber
freiwillig zurückgibt.
Über landesgesetzliche Abweichungen s. EG. 142, württemb. Auss Ges. 33.
6) Kann die Verfügung ausnahmsweise ohne Vertrag durch einseitigen
Akt des Verfügenden getroffen werden (s. oben S. 5b), so ist der Formalismus
etwas einfacher (875).3 An Stelle der Regeln zu a treten nämlich folgende
Vorschriften:
2) Fuchs S. 63; Planck-Strecker, Anm. III, 2b zu § 873; abw. Biermann Anm.
24, e zu § 873; Siber a. a. O. 7 4. 2a) Endemann II, 1 S. 1034.
3) Cohn bei Gruchot 47 S. 221.