346 Buch III. Abschnitt 10. Die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen.
Die vorstehenden Regeln sind im Gesetz nur für den Schuldner selbst und für den
Pächter ausgesprochen. Indes ist ihre analoge Anwendung auf den Mieter nicht zweifelhaft.
Ebenso sind auch für den Nießbraucher analoge Regeln aufzustellen, und zwar selbst dann,
wenn sein Recht jünger ist als das des Antragstellers 3; denn auch solch ein jüngerer
Nießbraucher darf unmöglich ungünstiger behandelt werden als der Schuldner selbst.
4) Die Beschlagnahme ergreift außer dem zu versteigernden Grundstück
auch das dem Schuldner gehörige Grundstückszubehör ", ferner regelmäßig,
wenn das Grundstück versichert ist, den Anspruch auf die Versicherungssumme,
endlich die mit dem Eigentum an dem Grundstück verbundenen Grunddienst-
barkeiten und Vorkaufsrechte (s. RZwGes. 20 II). Dagegen hat sie auf das
sonstige Pfandzubehör des Grundstücks keinen Bezug; insbesondre werden die
getrennten natürlichen Früchte des Grundstücks, soweit sie nicht als Grund-
stückszubehör anzusehn sind, sowie die Miet= und Pachtzinsen von der Beschlag-
nahme nicht getroffen (RZwes. 21 I, II): es entspricht dies der Regel zuc,
daß die Nutzung des Grundstücks dem Schuldner auch nach der Beschlagnahme
verbleiben soll.
III. 1. Auf die Anordnung der Versteigerung folgt mit geräumiger Frist
der Versteigerungstermin. Er wird von der Versteigerungsbehörde
anberaumt und abgehalten; als solche fungiert in Preußen und den
meisten andern Staaten das Vollstreckungsgericht; dagegen sind in Bayern,
Baden, Elsaß-Lothringen und Württemberg die Funktionen der Versteigerungs-
behörde ganz oder zum Teil auf die Notare oder auf Gemeindebeamte über-
tragen (RZwes. 35; EG. dazu 13; AusfGes. dazu Bayern 25, Baden 1 usw.).
a) Der Termin ist selbstverständlich öffentlich bekannt zu machen; Beteiligten, deren
Rechte zur Zeit der Eintragung des Versteigerungsvermerks aus dem Grundbuch hervor-
gehn oder der Behörde angemeldet sind, muß der Termin besonders angezeigt werden; die
übrigen Beteiligten sind zur Anmeldung ihrer Rechte bei Vermeidung der gesetzlichen Rechts-
nachteile öffentlich aufzusordern (RZwes. 36—41, 9; EG. dazu 6, 7; pr. Ausf. dazu 5).5
In einigen Staaten wird das zu versteigernde Grundstück vor dem Termin amilich abge-
schätzt (Württ. Auss Ges. 274 usw.).
b) Der Termin beginnt nach Erledigung gewisser Formalien damit, daß die Ver-
steigerungsbehörde nach Anhörung der Beteiligten das sogenannte geringste Gebot und etwaige
besondre Versteigerungsbedingungen feststellt (RZwoes. 66 1; s. unten S. 351, 363 IJ).
JP) Alsdann sordert die Versteigerungsbehörde zum Bieten auf (RZwGes. 66 II).
d) Sobald ein Gebot abgegeben wird, kann jeder Beteiligte, der an der Erfüllung des
Gebots intieressiert ist, von dem Bieter Sicherheitsleistung fordern: die Sicherheitsleistung
muß sofort erfolgen, und zwar in Höhe von 10% des von dem Bieter abgegebenen Bar-
gebots durch Hinterlegung von Geld oder kurshabenden Inhaberpapieren, z. B. Aktien;
unterbleibt die Sicherheitsleistung, so ist das Gebot zurückzuweisen (s. RZwes. 67 I, 68 I,
69, 70; EG. dazu 10). Erleichternde Regeln bestehn, wenn das Gebot von einem Pfand-
gläubiger, erschwerende, wenn es von dem Schuldner abgegeben wird.
a) Biectet ein Pfandgläubiger, so braucht er Sicherheit nur auf Verlangen des Antrag-
stellers zu leisten und ist somit von der Verpflichtung zur Sicherheitsleistung ganz frei,
wenn er selber der einzige Antragsieller ist; doch gilt die Regel nur für Gebote, die das
3) Abw. Jäckel-Güthe, a. a. O. S. 110.
4) Fromm, Zubehör in der Zwangsversteigerung (08).
5) R. 57 S. 200.