Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

372 Buch III. Abschnitt 10. Die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen. 
ziehungen anders geregelt als beim Vertragspfandrecht. Bemerkenswert ist 
das Folgende. 
a) Der Pfandverkauf wird nicht in privater Art vom Pfandgläubiger, 
sondern kraft Amts von dem Gerichtsvollzieher betrieben, der die Pfändung 
vorgenommen hat. Ist eine Sache mehrfach gepfändet, so liegt der Pfand- 
verkauf regelmäßig nur dem Gerichtsvollzieher ob, der zuerst gepfändet hat 
(8PO. 814, 827). 
b) Der Pfandverkauf braucht dem Schuldner nicht erst angedroht zu 
werden; die Wartefrist beträgt nur eine Woche von der Pfändung ab 
(3P. 816). 
Jc) Die kassatorische Klausel braucht als Versteigerungsbedingung nicht 
besonders verkündet zu werden, sondern gilt kraft Gesetzes; auch ist sie dahin 
verschärft, daß beim Ausbleiben der sofortigen Barzahlung der Gläubiger nicht 
erst den Zuschlag zu widerrufen braucht, sondern der Zuschlag von selbst hin- 
fällig wird, daß demgemäß das Pfand sofort von neuem zu versteigern ist 
und daß der säumige Ersteher, ohne selber von neuem mitbieten zu dürfen, 
für die Kosten der zweiten Versteigerung und einen etwaigen Mindererlös 
aufkommen muß, während er auf einen etwaigen Mehrerlös keinen Anspruch 
hat (8P# . 817 II, III). 
d) Daß die Pfandversteigerung durch einen freihändigen Verkauf ersetzt 
wird, ist (abgesehn von Wertpapieren) nur bei Gold= und Silbersachen zulässig 
(s. Z PO. 820, 821). 
e) Die Zahlung des Kaufpreises von seiten des Erstehers geschieht zu 
Händen des Gerichtsvollziehers; ist die Zahlung erfolgt, so gilt der Gläubiger 
in Höhe der bezahlten Summe abzüglich der Verkaufskosten als vom Schuldner 
befriedigt (8PO. 819). Bleibt die Zahlung aus, so ist, wie bereits erwähnt, 
der Pfandverkauf zu wiederholen. 
f)Auf Antrag des Gläubigers oder des Schuldners kann das Voll-= 
streckungsgericht die Verwertung des Pfandes in andrer als der gesetzlich vor- 
geschriebenen Art gestatten (ZPO. 825). 
4. Der Gläubiger kann beim Pfändungspfandrecht nicht, wie beim Ver- 
tragspfandrecht, den unmittelbaren Besitz der gepfändeten Sachen beanspruchen, 
sondern muß sich mit mittelbarem Pfandbesitz begnügen. Solange nämlich die 
Sachen beim Gepfändeten belassen werden, stehn sie im gemeinsamen unmittel- 
baren Besitz des durch den Gerichtsvollzieher vertretenen Staatss und des Ge- 
pfändeten; der Staat aber ist Besitzvertreter des Gläubigers. Werden die 
Sachen in amtliche Verwahrung genommen, so stehn sie im alleinigen unmittel- 
baren Besitz des Staats, und der Staat ist Pfandhalter zugleich für den 
Gläubiger wie für den Schuldner. 
2) Reichel, Jahrb. f. Dogm. 53 S. 108. 
3) Abw. L. Seuffert Anm. 3f; Struckmann-Koch Anm. 2 zu B8 PO. 808.
	        
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