8 257. Sachenrecht der Inhaberschuldverschreibung. 391
aufgefaßt, ebenso behandelt wird wie jede andre bewegliche Sache. Besonders
hervorgehoben sei,
1. daß Ersteigentümer der Inhaberschuldverschreibung stets der Aussteller
ist, da er sie als eine neue Sache selber hergestellt hat (950),2
2. daß die späteren Erwerber das Eigentum der Inhaberschuldverschreibung
nicht bloß durch rechtsgeschäftliche Ubereignung seitens des Vormanns und durch
Erbgang, sondern auch durch Aneignung, Vermengung, Fund, Ersitzung usw.
gewinnen können,
3. daß bei der Bestellung des Nießbrauchs an einer „verbrauchbaren“
Inhaberschuldverschreibung, also namentlich an einer Banknote (92 1), der Er-
werber keinen eigentlichen Nießbrauch, sondern volles Eigentum an der Urkunde
erlangt (1084),
4. daß zur Verpfändung einer Inhaberschuldverschreibung die bloße über-
gabe der Urkunde an den Pfandgläubiger genügt, eine Benachrichtigung des
Ausstellers also entbehrlich ist (1293).
II. Doch erleidet der Grundsatz zu 1 mancherlei Ausnahmen. Weitaus
die wichtigste ist, daß, wie bereits früher erwähnt, die Sonderregeln, die in An-
sehung des Geldes erstens für den Anspruch aus 1007, zweitens für den Erwerb
des Eigentums, des Nießbrauchs und des Pfandrechts an abhanden gekommenen
Sachen, drittens für die Vindikation bestehn, auch bei Inhaberpapieren und
somit insbesondre auch bei Inhaberschuldverschreibungen Anwendung finden
(1007, 935 II, 1032, 1207, 1006 1, 1065, 1227; s. oben S. 80 a, 127, 173 c).
Die andern Ausnahmen sind die folgenden.
1. Ist an einer unverbrauchbaren Inhaberschuldverschreibung ein Nießbrauch bestellt, so“
hat der Nießbraucher kein Recht auf den alleinigen unmittelbaren Besitz der Urkunde, sondern
kann bloß den unmittelbaren Mitbesitz neben dem Eigentümer oder die öffentliche Hinterlegung
der Urkunde auf seinen und des Eigentümers gemeinsamen Namen fordern (1081, 1084).
2. Ist eine Inhaberschuldverschreibung gepfändet, die einen Markt= oder Börsenpreis
hat, so kann sie vom Gerichtsvollzieher nicht bloß versteigert, sondern zum Tagespreise auch
freihändig veräußert werden (3PO. 821).
3. Siehe serner 233 (oben S. 305, 7).
4) Das Schuldrecht der Inhaberschuldverschreibung.
9 258.
I. Damit aus einer Inhaberschuldverschreibung gegen die darin als Aus-
steller benannte Person eine Forderung zugunsten eines Gläubigers entstehe,
müssen zwei verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein.
1. Die erste, durchaus selbstverständliche Voraussetzung ist, daß die Ur-
kunde echt und daß sie rechtsgültig ausgestellt ist: ist sie unecht oder ist ihre
Ausstellung ungültig, so kann niemand aus ihr eine Forderung gegen den
2) Abw. Langen, Kreationstheorie S. 11.