§ 263. Inhaberschuldverschreibungen bei öffentlicher Anleihe. 409
Terminen vornehmen: die abweichende Regel von 271 II ist hier unanwendbar; dafür spricht
neben anderm, daß der Anleiheschuldner seine Gläubiger nicht kennt und ihnen daher von
der verfrühten Einlösung keine Nachricht geben kann.
2. a) Die Einlösung der Anleihescheine ist regelmäßig durch Bezahlung
ihres Nennwerts zu bewirken, so daß bei Papieren, die über pari ausgegeben
oder von den jeweiligen Besitzern über pari gekauft sind, der ganze Mehr-
betrag den Teilgläubigern verloren geht, während umgekehrt bei Papieren, die
unter pari stehn, der Mehrbetrag von den Teilgläubigern gewonnen wird.
b) Doch wird nicht selten auch die Herauszahlung des Neunwerts mit
einem Zuschlage versprochen. Wenn dieser Zuschlag verschieden groß ist und
jedesmal unter den einzelnen zur Rückzahlung kommenden Teilforderungen ver-
lost wird, liegt eine Prämienanleihe vorz; eine solche Prämienanleihe darf
seit 1871 nur ausgegeben werden, wenn dies durch besondres Reichsgesetz
erlaubt wird (RGes. v. 8. Juni 1871); tatsächlich ist die Erlaubnis noch
niemals erteilt; was bei uns an Prämienanleihen umläuft, stammt noch aus
der Zeit vor 1871.
Feste Zuschläge finden sich namentlich bei den vor 1900 ausgegebenen Pfandbrief-
anleihen (s. unten § 264; Beispiel: 4½/2# %. Pfandbriefe der preuß. Bodenkreditaktienbank aus-
losbar mit einem Zuschlage von 15% des Nennwerts); seit 1902 sind sie aber gerade bei Pfand-
briefen verboten (HypBank Ges. 9). Als Beispiel einer Prämienanleihe sei die badische von 1867
genannt: hier findet alljährlich eine doppelte Auslosung statt, die Serien= und die Prämien-
ziehung; bei der ersten wird bestimmt, welche Scheine in dem Jahr eingelöst werden sollen;
bei der zweiten werden unter den einzulösenden Scheinen Gewinne verlost: Scheine, die nur
bei der ersten Ziehung gezogen sind, werden demnach mit dem Nennwert von 300 Mk.,.
Scheine, die bei der ersten und zweiten Ziehung gezogen sind, werden mit Beträgen bis zu
300000 Mk. eingelöst.
3. Bei den Reichsanleihen hat das Reich, bei den verzinslichen Anleihen der Einzel-
staaten hat der schuldnerische Staat in Ansehung der Einlösung der Anleihescheine die gleiche
Freiheit wie in Ansehung ihrer Verzinsung (EG. 98). Jeder Staat kann also beispeilsweise
die für seine Anleihescheine von ihm selber bestimmten Einlösungstermine durch Landesgesetz
beliebig abändern.
4. Jeder Anleiheschuldner kann seine Anleiheschuld statt durch Einlösung seiner Scheine
auch durch deren freihändigen Ankauf tilgen; vielfach ist er durch die Anleihebedingungen
sogar zu einem derartigen Ankauf in gewissem Umfange verpflichtet. Selbstverständlich ge-
schieht aber der Ankauf nicht zum Nennwert, sondern zu dem jeweiligen Kurswert; er ist
also, wenn der Kurs unter pari steht, für den Schuldner weit vorteilhafter als die Einlösung.
V. Bei den Anleihen des Reichs, der Einzelstaaten und, falls die Landes-
gesetze nicht ein andres bestimmen, auch bei den Anleihen der Gemeinden und
der sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts stehn die Gläubiger der
nämlichen Anleihe unter sich in keinem Rechtsverhältnis: jeder Gläubiger ist
darauf angewiesen, seine Rechte gegen den Anleiheschuldner selbständig geltend
zu machen; Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger, die für die Minderheit ver-
bindlich wären, können nicht gefaßt werden; eine gemeinsame Vertretung der
Gläubiger fehlt. Das gleiche gilt für die Anleihen andrer Schuldner, falls
die Stückzahl der Anleihescheine weniger als 300 oder der Nennwert der
Scheine weniger als 300000 Mk. beträgt. Dagegen sind die Gläubiger bei