Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 267. Orderschuldverschreibung. Person des Gläubigers. Hinkende Inhaberpapiere. 429 
um Zug gegen die zweite Zahlung zurückgeben; das macht aber in diesem Fall nichts aus, 
weil ja C. selber in den Besitz des Scheins gelangt ist und den Umstand, der den D. an der 
Rückgabe des Scheins verhindert, selbst zu vertreten hat (s. oben S. 3968). 
Vielfach wird behauptet, daß der Aussteller einer Orderschuldverschreibung durch die 
Zahlung an einen unbefugten Inhaber der Urkunde steis befreit werde, wenn er ihn ohne 
Fahrlässigkeit für empfangsberechtigt gehalten hat; der Aussteller müsse also, wenn er an 
einen andern als den letzten Indossatar leiste, zwar dessen Empfangsberechtigung prüfen; 
ein entschuldbarer Irrtum bei dieser Prüfung gehe aber nicht auf seine, sondern auf des 
Indossatars Gefahr. 1 Ich gebe zu, daß gesetzgeberisch manches für diese Ansicht spricht, 
glaube aber, daß sie in dem jenzt geltenden Recht keine Begründung hat. 
0) Dritter Fall: die Urkunde ermangelt eines Indossaments. Hier gilt als 
Gläubiger nur derjenige Inhaber, der den Beweis erbringt, daß er die Urkunde 
rechtmäßig erworben hat; leistet der Aussteller an einen andern Inhaber, so 
wird er nur befreit, wenn der Leistungsempfänger mit Einwilligung des 
Gläubigers oder kraft Vertretungsmacht als sein Stellvertreter gehandelt hat. 
Beispiel. A. klagt aus einem von Kaufmann B. auzgestellten Orderschuldschein, in 
dem er als Erstgläubiger benannt ist, gegen B. auf Zahlung, indem er behauptet, der 
Schein sei ihm von dem inzwischen verstorbenen C. im Auftrage B.s übergeben worden; B. 
behauptet, daß C. hierzu keine Vollmacht gehabt, den Schein vielmehr eigenmächtig an sich 
genommen habe. Hier ist in Ansehung der Vollmacht des C. anscheinend nicht B., sondern 
A. beweispflichtig. 
b) Aus den Regeln zu a folgt, daß bei allen Orderschuldverschreibungen, 
die nicht mit einem Blankoindossament abschließen, dem Aussteller die Pflicht 
obliegt, mehr oder minder eingehend zu prüfen, ob der jeweilige Inhaber der 
Urkunde zum Empfange der Leistung befugt ist. Doch kann in der Urkunde 
auch bestimmt werden, daß der Aussteller zur Prüfung der Legitimation des 
Inhabers der Urkunde zwar berechtigt, nicht aber verpflichtet sei und also auch 
durch eine Leistung an den unbefugten Inhaber befreit werde. Eine Order- 
schuldverschreibung, die eine derartige Klausel enthält, wird als hinkendes 
Inhaberpapier oder auch als Legitimationspapier bezeichnet. 
Beispiel. Ein Lagerschein kann folgendergestalt lauten: „Das unterzeichnete Lagerhaus A. 
verpflichtet sich gegen Rückgabe dieses Scheins folgende Güter ... anHerrn B. oder Order 
jederzeit auszuliefern; das Lagerhaus behält sich das Recht vor, die Auslieferung an jeden 
Überbringer dieses Scheins ohne weitere Legitimationsprüfung zu bewirken, Bremen den. 
A.“; nun verlangt C. unter Vorlegung des Scheins die Herausgabe, ohne daß der Schein. 
auf seinen Namen oder in blanco indossiert ist, und verweigert jede Angabe über den Er- 
werb des Scheins. Hier ist A. zur Auslieserung der Güter an C. zwar nicht verpflichtet, 
aber doch berechtigt. 
2. Eine Vorlegungsfrist ist für Orderschuldverschreibungen nicht all- 
gemein eingeführt; ebensowenig gibt es allgemeine Verjährungsregeln für sie. 
Auch ein Recht auf Ausstellung einer neuen Urkunde an Stelle einer beschädigten 
ist dem Gläubiger der Orderschuldverschreibung nicht gegeben. 
3. Hat jemand eine Orderschuldverschreibung nach Maßgabe der allge- 
meinen Normen des Sachenrechts erworben, ohne durch ein auf ihn lautendes 
13) Grünhnt, Wechselrecht (97) 2 S. 258.
	        
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