436 Buch IV. Das Recht der Urkunden.
2. Andrerseits bleibt die Inhabergrundschuld aber auch den für gewöhn-
liche Grundschulden geltenden Regeln unterworfen.
aà) Demnach kann die Inhabergrundschuld wie jede andre Grundschuld
auch dem Eigentümer des Pfandgrundstücks zustehn.
b) Demnach ist die Inhabergrundschuld, solange sie im Grundbuch ein-
getragen ist, keiner Verjährung unterworfen.
c) Demnach erlischt die Inhabergrundschuld, wenn das Pfandgrundstück
auf Antrag eines vorstehenden Pfandgläubigers zur Zwangsversteigerung ge-
bracht wird, auch wenn der Gläubiger hiervon nichts erfährt usw.
Selbstverständlich ergeben sich aus dem Nebeneinandergelten der Regeln zu 1 und 2
sehr große Schwierigkeiten. Da die Inhabergrundschulden einstweilen nicht gerade häufig
vorkommen, soll darauf nicht näher eingegangen werden.
3. Schließlich kommen für die Inhabergrundschulden noch einige Sondervorschriften in
Betracht.
a) Über eine Inhabergrundschuld kann eine Mehrheit von Grundschuldbriefen ausge-
stellt werden (Rr Ordn. 51). Alsdann gehört die Grundschuld jedem Erwerber eines solchen
Briefs nur zu dem in dem Brief benannten Anteil.
b) Die Bestellung eines Treuhänders ist bei der Inhabergrundschuld in derselben Art
zulässig wie bei der Hypothek, die zur Sicherung einer durch eine Inhaberschuldverschreibung
verbrieften Forderung bestellt ist (s. oben S. 399 d).
c) Das Grundbuchamt darf Eintragungen, die eine Inhabergrundschuld betreffen, selbst
in den Fällen, in denen für Briefhypotheken und gewöhnliche Briefgrundschulden eine Aus-
nahme zugelassen ist, nur vornehmen, wenn ihm der Grundschuldbrief vorgelegt wird und
es die Eintragung zugleich auf dem Brief vermerkt (oben S. 230, RörOrdn. 54 II Satz 2).
Anhang. Rüchblick auf das bisherige Recht.
§ 273.
I. Wertpapiere finden sich bereits in der fränkischen Zeit. Insbesondre
läßt sich das Inhaberpapier bis ins 9., das Orderpapier sogar bis ins 6. Jahr-
hundert zurückverfolgen.!
Inhaber= und Orderpapiere waren im Mittelalter besonders wichtig, weil damals eine
Abtretung gewöhnlicher Forderungen nicht als zulässig galt und ihr wirtschaftlicher Effekt nur
dadurch erreicht werden konnte, daß die Forderung urkundlich verbrieft und ihre Bezahlung aus-
drücklich nicht bloß dem ursprünglichen Gläubiger, sondern auch dem künftigen Besitzer der Ur-
kunde versprochen wurde.
II. In späterer Zeit hat sich — unbeirrt durch die Rezeption des
römischen Rechts, das weder Inhaber= noch Orderpapiere kannte: — das
Recht der Wertpapiere überaus reich fortentwickelt. Anfangs überwog das
Gewohnheitsrecht. Erst später hat auch die Gesetzgebung eingegriffen, jedoch in
lückenhafter Art, so daß für eine Fülle von Streitfragen Raum blieb. Reichs-
1) Brunner in Goldschmidts Ztschr. 22 S. 1, 505; 23 S. 225; ders., das franz. In-
haberpapier des MA.8# (79); Goldschmidt, Handb. d. Handelsrechts 1 S. 385 (3. Aufl. 91);
v. Poschinger, Beitr. z. Gesch. d. Inhaberpapiere in Deutschl. (75); Hübner, D. PrR. (O8) S. 544.
2) Abw. Goldschmidt, Vermischte Schriften 2 S. 198 (01).