464 Buch V. Das Gemeinschaftsrecht.
schafter beliebig abgeändert werden. Insbesondre ist eine Bestimmung zu-
lässig, daß das ganze Gesellschaftsvermögen einem der Gesellschafter in Natur
zufällt und die andern Gesellschafter in Geld zu entschädigen sind. Doch muß
alsdann das Gesellschaftsvermögen jenem Gesellschafter Stück für Stück über-
tragen, namentlich müssen die Gesellschaftsgrundstücke ihm aufgelassen werden;
die Annahme des Reichsgerichts, daß der Gesellschafter das Gesellschaftsver-
mögen durch Anwachsung von selbst erwerbe,“ ist unbegründet.
Die Unrichtigkeit der reichsgerichtlichen Theorie folgt daraus, daß das Gesellschafts-
vermögen den Gesellschaftern nicht als individuell bestimmten Personen, sondern nur als Mit-
gliedern der Gesellschaft gehört; wird nun die Gesellschaft aufgelöst und das Vermögen einem
einzelnen Gesellschafter übertragen, so hat dies den Sinn, daß ihm von nun ab das Gesell-
schaftsvermögen als einer individuell bestimmten Person gehören solle. Das ist aber offen-
bar keine Anwachsung, sondern eine vollständige Anderung der Eigentumszuständigkeit.
Ubrigens müßte, wenn die Lehre des Reichsgerichts richtig wäre, eine Anwachsung auch bei
Fortdauer der Gesellschaft in Ansehung irgendeines Einzelrechts der Gesellschaft zulässig sein:
so gut wie zugunsten eines Gesellschafters die übrigen Gesellschafter auf ihren Anteil am
ganzen Gesellschaftsvermögen, so gut müßten sie in derselben Art auch auf ihren Anteil an
einem einzelnen Gesellschaftsgrundstück verzichten können, und es würden diese Anteile als-
dann jenem begünstigten Gesellschafter von selbst anwachsen; denn 719 unterscheidet zwischen
Verfügungen über Anteile am ganzen Gesellschaftsvermögen und über Anteile an Einzel-
rechten der Gesellschaft nicht. Diese Folgerung lehnt aber das Reichsgericht nachdrück-
lich ab.
III. Bleiben Gesellschaftsschulden bei der Auseinandersetzung der Gesell-
schafter absichtlich oder versehentlich unberichtigt, so ist den Gläubigern der
Zugriff auf das Gesellschaftsvermögen als solches genommen. Dagegen steht
ihnen der Zugriff auf das Sondervermögen der Gesellschafter offen.
1. Für diejenigen Gesellschaftsschulden, für die die Gesellschafter schon
vor Auflösung der Gesellschaft mit ihrem Sondervermögen haftbar waren,
dauert diese Haftung in bisheriger Art auch nach der Auflösung fort.
2. Für Gesellschaftsschulden, für die die Gesellschafter bisher nur mit
dem Gesellschaftsvermögen hafteten, wird eine Haftung des Sondervermögens
sämtlicher Gesellschafter neu begründet. Sie ist gesamtschuldnerisch, aber auf
den dem einzelnen Gesellschafter aus dem Gesellschaftsvermögen zufallenden
Auseinandersetzungsanteil beschränkt (s. 419).
8) Ausscheiden alter, Eintritt neuer Gesellschafter.
8 281.
I. Wenn eine Gesellschaft mehr als zwei Gesellschafter zählt, ist es mög-
lich, daß einer dieser Gesellschafter für seine Person aus der Gesellschaft aus-
scheidet, während die andern Gesellschafter unter sich die Gesellschaft fortsetzen.
4) RG. 65 S. 227, 68 S. 410. Vgll. RG. 61 S. 72.
5) RG. 68 S. 417.
6) Hellwig, Verträge S. 397; Gierke, Vereine S. 40, 48.