Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

466 Buch V. Das Gemeinschaftsrecht. 
Beispiele. I. Die Gesellschaft A., deren Geschäfte von allen fünf Gesellschaftern gemein- 
sam geführt werden, ist in üble Lage geraten, weil der Gesellschafter B. durch eigensinnigen 
Widerspruch gegen alle Vorschläge der andern Gesellschafter den Geschäftsbetrieb lahmlegt. 
Hier kann nach den Regeln des Gesetzes jeder andre Gesellschafter die Gesellschaft kündigen, 
darf dagegen weder für seine Person aus der Gesellschaft austreten noch den Auseschluß des 
B. aus der Gesellschaft sordern. II. Anders, wenn der Gesellschaftsvertrag bestimmt, daß 
die Gesellschafter nicht zur Kündigung der ganzen Gesellschaft, sondern nur zum persönlichen 
Austritt aus der Gesellschaft besugt sind. Hier kann wegen des Eigensinns des B. nicht 
bloß jeder andre Gesellschafter aus der Gesellschaft austreten, sondern, wenn sie es einstimmig 
beschließen, können sie auch den B. aus der Gesellschaft ausstoßen und ihrerseits in der 
Gesellschaft verbleiben. 
2. Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, so erfolgt zwischen 
ihm und der Gesellschaft eine Auseinandersetzung (738—7410). 
a) Sie stimmt mit der Auseinandersetzung, die im Fall der Auflösung 
der Gesellschaft zwischen sämtlichen Gesellschaftern stattfindet, teilweise überein. 
Der ausscheidende Gesellschafter erhält nämlich zunächst alle Gegenstände, die 
er der Gesellschaft nur zur Benutzung überlassen hatte, zurück, soweit sie noch 
vorhanden sind. Sodann wird ihm aus dem Bestande des Gesellschaftsver- 
mögens, der nach Abzug der Gesellschaftsschulden übrig bleibt, seine anderweitige 
Einlage zurückerstattet. Endlich wird ihm, wenn nach Abzug sämtlicher Gesell- 
schaftsschulden und Einlagen noch ein Überschuß vom Gesellschaftsvermögen vor- 
handen ist, ein Teil davon nach Verhältnis seines Anteils am Gewinn aus- 
bezahlt; deckt dagegen das Gesellschaftsvermögen die Gesellschaftsschulden oder 
die Einlagen nicht, so muß er einen Teil des Fehlbetrages nach Verhältnis 
seines Anteils am Verlust an die Gesellschaft einzahlen. 
b) Dagegen unterscheidet sich die Auseinandersetzung zwischen dem aus- 
scheidenden Gesellschafter und der Gesellschaft von der Auseinandersetzung 
zwischen den sämtlichen Gesellschaftern im Fall der Auflösung der Gesellschaft 
in folgenden wichtigen Punkten. 
a) Der Anteil des ausscheidenden Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen 
wächst sofort mit seinem Ausscheiden den andern Gesellschaftern an. Dies gilt 
auch für die Gesellschaftsgrundstücke, Gesellschaftshypotheken u. dgl.; eine Ein- 
tragung der Rechtsänderung im Grundbuch ist nicht erforderlich. 
8) Dem entspricht es, daß der ausscheidende Gesellschafter (abgesehn von 
Gegenständen, die er der Gesellschaft nur zur Benutzung überlassen hat) aus- 
schließlich in Geld abgefunden wird: nicht bloß seine Einlage, sondern auch, 
was ihm über die Einlage hinaus gebührt, ist ihm in Geld auszuzahlen. 
) Demgemäß findet auch eine Liquidation des Gesellschaftsvermögens nicht 
statt: das Gesellschaftsvermögen ist nicht in Geld umzusetzen, sondern nur in 
Geld abzuschätzen. Wie die Gesellschaft sich das Geld beschafft, das sie zur 
Befriedigung des ausscheidenden Gesellschafters bedarf, ist ihre Sache; sie 
kann es namentlich durch freihändigen Verkauf irgendwelcher Aktiva oder durch 
Aufnahme eines Darlehns aufbringen. 
0) Deshalb kann der ausscheidende Gesellschafter auch nicht verlangen, daß die fälligen
	        
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