§ 295. Gründung des eingetragenen Vereins. 491
enthalten darf, was gegen zwingende Gesetzesregeln oder gegen die gute Sitte
verstößt. Im übrigen steht der Inhalt der Satzung im Belieben der Beteiligten.
Uber die Art, in der die Gründer als Mitglieder in den Verein cintreten, gibt das
Gesetz keine Vorschristen. Maßgebend ist dafür allein die Satzung oder, wenn die Satzung
schweigt, das freie Belieben jener Personen; Schriftform ist nicht geboten.
Für die Bestellung des ersten Vereinsvorstandes ist nur vorgeschrieben, daß sie (privat-
schriftlich) zu beurkunden ist (59 II Nr. 2); im übrigen ist gleichfalls allein die Satzung
oder das freie Belieben der ersten Mitglieder maßgebend.
b) Die „Errichtung“ des Vereins ist ein einseitiges Rechtsgeschäft der
dabei beteiligten Vereinsmitglieder (s. oben Bd. 1 S. 158 Abs. 5); und zwar
ist es, wie es scheint, gegenüber dem Registergericht vorzunehmen. Es unter-
liegt also den Regeln, die für Rechtsgeschäfte im allgemeinen und für ein-
seitige Rechtsgeschäfte gegenüber einer Behörde im besondern maßgebend sind
(s. oben Bd. 1 S. 156 ch.
a) Demgemäß müssen alle Vereinsmitglieder, die bei der Errichtung mit-
wirken, geschäftsfähig sein.
8) Demgemäß kann jede auf die Errichtung bezügliche Erklärung eines
Vereinsmitgliedes wegen eines Willensmangels des Erklärenden nichtig oder
anfechibar sein.?" Das Reichsgericht 3 hat freilich das Gegenteil angenommen,
jedoch ohne irgendeinen Anhalt im Gesetz und ohne zureichende innere Gründe.
Beispiel. Frau Präsident A. hat ihren geizigen, aber strebsamen Mann bestimmt, die
Satzung eines Wohltätigkeitsvereins als Gründer mitzuunterzeichnen und dem Verein zugleich
mit einem bedeutenden Beitrage als Mitglied beizutreten, indem sie ihm vorspiegelt, der
Minister hätte ihr gesagt, daß er den Verein „protegiere“. Hier kann A., sobald er erfährt,
daß er von seiner Frau belogen ist, sowohl seine Gründer= wie seine Beitrittserklärung an-
sechten (123 1; 123 II ist nicht anwendbar, da hier keine gegenüber einem „andern", sondern
eine gegenüber einer Behörde abzugebende Erklärung vorliegt!).
Dem Reichsgericht ist zuzugeben, daß es gesetzgeberisch wünschenswert wäre, den Einfluß
eines Willensmangels bei der Errichtung eines Vereins anders zu bestimmen als bei der
Vornahme sonstiger Rechtsgeschäfte und daß insbesondre die von mir gegebene Entscheidung
des eben genannten Falls sehr unerfreulich ist. Allein eine solche Bestimmung wäre nicht
vom Reichsgericht, sondern vom Gesetzgeber zu treffen gewesen. Dieser hat aber seine Regeln
über den Einfluß von Willensmängeln ganz allgemein aufgestellt und nur für die Ehe-
schließung, die Testamentserrichtung u. dgl., nicht aber auch für die Gründung von Vereinen
Ausnahmen zugelassen. Außerdem geht die Theorie des Reichsgerichts über das wünschens-
werte Ziel weit hinaus; wenn sogar eine Eheschließung wegen Irrtums oder Zwanges an-
gefochten werden kann, warum nicht auch die Erklärung eines Vereinsgründers?
) Demgemäß wird jede auf die Errichtung des Vereins bezügliche Er-
klärung eines Vereinsmitgliedes erst wirksam, wenn sie dem Registergericht zu-
geht, und kann bis dahin frei widerrufen werden (130 III) usw.
2. a) Der zweite Akt der Vereinsgründung, die Eintragung des Vereins im
Vereinsregister, ist ein Vorgang des öffentlichen Rechts. Sie ist geregelt wie folgt:
a) Den Anfang macht, daß der Vorstand unter Beilegung der Satzung
und seiner eignen Bestellungsurkunde den Verein zur Eintragung beim Ver-
2) Abw. v. Tuhr S. 478. 2 ) Siehe v. Tuhr S. 481.
3) R. 68 S. 271, 71 S. 99, 72 S. 294, 74 S. 17.