Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

500 Buch VI. Das Recht der juristischen Personen. 
Über Mitglieder, die erschienen sind, aber sich der Abstimmung enthalten, siehe oben 
S. 4982. 
b) Sofern die Satzung nichts andres bestimmt, tritt die Versammlung 
nur zusammen, wenn der Vorstand sie einberuft (s. 58 Nr. 4). Die Einbe- 
rufung steht aber selbstverständlich nicht im Belieben des Vorstandes, sondern 
muß erfolgen: stets, wenn das Interesse des Vereins es fordert, außerdem in 
den von der Satzung bestimmten Fällen sowie dann, wenn der zehnte oder 
ein andrer in der Satzung benannter Teil der Mitglieder die Berufung unter 
Angabe des Zwecks und der Gründe schriftlich fordert (s. 36, 37). 
Beispiele. Zulässig sind die Bestimmungen der Satzung: „die Mitgliederversammlung 
tritt alljährlich am ersten Mittwoch vormittags 10 Uhr im Saal des Vereinshauses ohne 
Einberufung zusammen“; „das Recht der Einberufung steht dem in der letzten Versammlung 
gewählten Vorsitzenden der Versammlung zu“; „die Einberufung kann nur von 1½ der 
Mitglieder gefordert werden“. 
Auch über die Form der Einberufung kann die Satzung Bestimmungen treffen (58 Nr. 4), 
z. B. dahin, daß ein Anschlag im Vereinshause genügt. Schweigt die Sapung, so ist jedes 
einzelne Mitglied besonders zu laden. 
c) Sofern die Satzung nichts andres bestimmt, kann die Mitgliederver- 
sammlung nur über solche Gegenstände Beschlüsse fassen, die bei der Einberufung 
bezeichnet sind (32 1 Satz 2, 40). Für die Beschlußfassung ist regelmäßig die 
Zustimmung der Mehrheit der erschienenen Mitglieder erforderlich und ge- 
nügend; nur für eine Anderung der Vereinssatzung ist eine Mehrheit von drei 
Vierteilen der erschienenen Mitglieder, zur Anderung des Vereinszwecks ist 
sogar Einstimmigkeit der erschienenen und nicht erschienenen Mitglieder derart 
erforderlich, daß die Zustimmung der letzteren schriftlich erfolgen muß; doch 
kann die Satzung auch in diesen Beziehungen durchweg andre Bestimmungen 
treffen (32 1 Satz 3, 33 I, 40).“" Von der Abstimmung ausgeschlossen ist wie 
bei den Vorstandssitzungen jedes Mitglied, wenn die Beschlußfassung die Vor- 
nahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Erledigung eines Rechtsstreits 
zwischen ihm und dem Verein betrifft (34). 
Beispiele. I. 1. Bei der Vorstandswahl sind nur vier Mitglieder erschienen, von denen 
zwei den A. wählen, während die Stimmen der beiden andern auf B. und C. fallen. Hier 
ist, wenn die Satzung nichts andres bestimmt, die Wahl ergebnislos, da A. zwar die relative, 
nicht aber die vom Gesetz vorausgesetzte absolute Stimmenmehrheit erhalten hat. 5 2. Das 
Mitglied D. eines Geselligkeitsvereins hat zur allgemeinen Entrüstung der andern Mitglieder 
den Antrag gestellt, eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen und in ihr 
zu beschließen, daß die bisherige Satzungsbestimmung, die nur die Aufnahme katholischer 
Mitglieder zuläst, aufgehoben werden solle; die Versammlung wird denn auch einberufen: es 
erscheint aber in ihr, um so würdig wie möglich Einspruch zu erheben, außer D. kein andres 
Mitglied. Hier kann D., wenn die Satzung nichts andres bestimmt, die von ihm vorgeschlagene 
Satzungsänderung allein beschließen. 3. Ein Verein, der dazu gegründet ist, ein neues 
Theater zu bauen, hat diesen Zweck erreicht; nun wird beantragt, den noch vorhandenen 
Vermögensbestand zur Anschaffung von Dekorationen und Kostümen zu verwenden. Hier 
kann dieser Antrag unbedenklich mit einfacher Mehrheit angenommen werden, soweit er die 
4) Tecklenborg, Arch. f. BR. 23 S. 360. 
5) Abw. Ortmann Anm. 3 b zu § 32. 
 
	        
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