8 300. Eingetragener Verein. Rechte der Mitglieder. Sonderrechte. 509
a) Die echten Mitgliedsrechte beruhn stets auf der Mitgliedschaft des
Berechtigten. Sie sind dadurch ausgezeichnet, daß sie nur zusammen mit der
Mitgliedschaft veräußert werden können und deshalb unveräußerlich sind, wenn
die Mitgliedschaft selbst unveräußerlich ist, ferner daß ihre Ausübung nur
dann einem andern überlassen werden kann, wenn die Satzung es besonders
gestattet (38 Satz 2, 40), endlich, daß sie im Vereinskonkurse nicht als Konkurs-
forderungen gelten. Sie zerfallen in allgemeine Mitgliedsrechte und Sonder-
rechte. 1
a) Die allgemeinen Mitgliedsrechte stehn nach Gesetzesvorschrift oder
Satzung allen Mitgliedern ohne Ausnahme zu. Sie sind dadurch ausgezeichnet,
daß sie den Mitgliedern durch den Verein willkürlich im Wege der Satzungs-
änderung entzogen werden können, jedoch mit der Maßgabe, daß eine Anderung,
die die gegenwärtigen Vereinsmitglieder verschieden trifft, nur mit Zustimmung
der dadurch benachteiligten Mitglieder gültig ist.?
5 Die Sonderrechte stehn laut Satzung nur einer Gruppe von Mit-
gliedern oder gar nur einzelnen individuell bestimmten Mitgliedern zu. Sie
sind dadurch ausgezeichnet, daß der Verein sie den Berechtigten nur mit deren
Zustimmung entziehn kann (35).
Beispiele. I. In einem Gesangverein haben nach der Satzung alle Mitglieder das
Recht auf zwei freie Eintrittskarten für alle Vereinskonzerte. Hier kann dies Recht durch
Satzungsänderung beliebig aufgehoben werden; denn es ist ein allgemeines Mitgliedsrecht.
Ebenso wäre es zulässig, das Recht auf solche Mitglieder zu beschränken, die dem Verein
zurzeit angehören, später eintretenden Mitgliedern aber nur dann zu gewähren, wenn sie
einen Jahresbeitrag von mindestens 3 Mark zahlen. Dagegen wäre eine Satzungsänderung
unzulässig, die das Recht auch den gegenwärtigen Mitgliedern, deren Beitrag noch nicht
3 Mark beträgt, oder gar einem einzelnen individuell benannten Mitgliede zur Strafe
dafür, daß er ein Vereinskonzert verächtlich besprochen hat, entzieht. II. In der Satzung
eines Kunstvereins ist den zehn Gründern des Vereins die lebenslängliche Zugehörigkeit
zum Vorstande zugesichert. Hier kann ihnen dies Recht durch Satzungsänderung nur mit
ihrer Zustimmung entzogen werden; denn es ist ein Sonderrecht.
Die Regel, daß allgemeine Mitgliedsrechte in einer alle Mitglieder gleichmäßig treffenden
Art durch einfache Satzungsänderung beschränkt oder ausgehoben werden können, enthält
eine große Härte; denn es kann sein, daß ein einzelnes Mitglied gerade auf diese Rechte
besondern Wert gelegt und nur im Hinblick auf sie für den Verein große Opfer gebracht hat
und nun erleben muß, daß die Mehrheit der Mitgliederversammlung anders denkt und jene
Rechte gegen seinen Willen und ohne irgendwelche Entschädigung beseitigt. Man hat
deshalb versucht, auch gewisse Mitgliedsrechte, die allen Mitgliedern gleichmäßig zustehn,
für Sonderrechte zu erklären, um sie der Gewalt der Mitgliedergesamtheit zu entziehn.
Indes ist eine einigermaßen befriedigende Bestimmung dieser allgemeinen Sonderrechte bisher
nicht gefunden. Richtiger ist es wohl, wenn man es dem Verein selbst überläßt, einzelne
allgemeine Mitgliedsrechte gegen eine Aufhebung durch Beschluß der Mitgliedergesamtheit
durch eine besondre Klausel in der Satzung zu sichern.
b) Die Gläubigerrechte sind entweder unabhängig von der Mitgliedschaft
des Berechtigten entstanden oder doch nachträglich von ihr gelöst. Sie sind
1) Siehe RE. 73 S. 191. 2) Vgl. Leisr, Unters. z. Vereinsrecht (04) S. 94.
3) Planck und Ortmann zu § 35; Lehmann, Arch. f. BR. 9 S. 297. Dagegen v. Tuhr
S. 555, Endemann § 4514.