Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§§ 300, 301. Eingetragener Verein. Mitgliederpflichten. Auflösung. 511 
bisherigen Mitgliedern gänzlich fehlt, sei es, daß die Mitglieder, der juristischen 
Persönlichkeit beraubt, als „nicht rechtsfähiger Verein“ beieinander bleiben. 
Freilich verwendet das bürgerliche Gesetzbuch den Ausdruck „Auflösung des 
Vereins“ anscheinend allein für Fälle der ersteren Art, während es in den 
übrigen Fällen nur von einem „Verlust der Rechtsfähigkeit des Vereins“ spricht. 
Doch soll diese schwerfällige, juristisch völlig unersprießliche Unterscheidung im 
folgenden vermieden und das Wort „Auflösung des Vereins“ auch für die 
Fälle des Fortbestehns des Vereins ohne Rechtspersönlichkeit mit gebraucht 
werden. 
II. Die Hauptfälle der Auflösung des Vereins sind die folgenden. 
1. Erster Fall: der Verein selber beschließt die Auflösung. Hierzu ist 
er jederzeit befugt, selbst wenn die Satzung das Gegenteil bestimmen sollte 
(s. 41). Zuständig für den Beschluß ist ausschließlich die Mitgliedergesamtheit 
mit Dreiviertelmehrheit; doch kann die Satzung das Erfordernis der Dreiviertel- 
mehrheit ändern, also sowohl verschärfen wie mildern (41). 
Beispiel. Zulässig ist eine Klausel der Satzung, wonach die Auflösung des Vereins 
nur einstimmig beschlossen werden kann oder umgekehrt schon auf Beschluß eines Zehntels 
der Mitglieder eintritt. 
Der Auflösungsbeschluß ist auch dann zulässig, wenn die Vereinsmitglieder als nicht 
rechtsfähiger Verein beieinander bleiben wollen und mit der „Auflösung“ lediglich einen Ver- 
zicht auf ihre juristische Persönlichkeit bezwecken.: Das Gesetz erwähnt freilich einen solchen 
Verzicht nicht, sondern denkt nur an den Fall, daß der Auflösungsbeschluß eine Auflösung 
des Vereins im engeren Sinne bezweckt (s. oben zu 1). Indes hat es damit, daß es jenen 
Verzicht schweigend überging, ihn sicher nicht für unzulässig erklären wollen. Hat der Ver- 
zicht doch einen guten Sinn, z. B. wenn ein Verein seine Satzung ändern will und auf einen 
Einspruch der Polizei stößt oder zu stoßen besorgt. 
2. Zweiter Fall: eine Tatsache tritt ein, die laut Bestimmung der Satzung 
die Auflösung des Vereins von selbst herbeiführt. 
Beispiel. Die Satzung bestimmt: der Verein wird aufgelöst, wenn zehn Mitglieder 
ihn kündigen; der Verein ist gegründet vom 1. April 1908 ab auf die Dauer von zehn 
Jahren. 
3. Dritter Fall: es wird über das Vereinsvermögen Konkurs eröffnet 
(42 1). Die Konkurseröffnung ist zulässig, sobald der Verein zahlungsunfähig 
oder überschuldet ist (Konk Ordn. 213, 207). Tritt der Fall der Überschuldung 
ein, so ist der Vorstand verpflichtet, die Konkurseröffnung unverzüglich zu be- 
antragen; Vorstandsmitglieder, die die Erfüllung dieser Pflicht schuldhaft ver- 
säumen, sind den Vereinsgläubigern für den daraus entstehenden Schaden ver- 
antwortlich (42 II). 
4. Vierter Fall: die Zahl der Vereinsmitglieder, die, wie wir wissen, bei 
Gründung des Vereins mindestens sieben betragen sollte, sinkt unter drei herab. 
Doch soll hierdurch die Auflösung des Vereins nicht von Rechts wegen herbei- 
geführt werden, sondern es soll dazu noch eines Beschlusses des Registergerichts 
bedürfen, der dem Verein mit Rücksicht auf die Unzulänglichkeit seines Mit- 
#1) Landsterg S. 120. Abw. Gierke, D. PrR. 1 S. 56120. 
Cosad, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. II. 33
	        
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