Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 307. Familienstiftungen. § 308. Juristische Personen des öffentl. Rechts. 527 
II. Juristische Personen des öffentlichen Rechts.1 
g 308. 
I. 1. Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind 
überaus zahlreich: es gehören dahin das Reich, die Bundesstaaten, die Kommu- 
nalverbände, die Universitäten, die Reichsbank, gewisse kirchliche Anstalten usw. 
Das Reich und die Bundesstaaten werden, wenn lediglich ihre vermögensrecht- 
lichen Angelegenheiten in Frage stehn, auch Fiskus genannt. 
2. Unter den juristischen Personen des öffentlichen Rechts werden Körper- 
schaften, Stiftungen und Anstalten unterschieden (89, Ec. 138 usw.). Doch 
ist der Unterschied privatrechtlich ohne Bedeutung. 
II. Die Rechtsverhältnisse der juristischen Personen des öffentlichen Rechts 
können im allgemeinen nur im Zusammenhange eben dieses öffentlichen Rechts 
dargestellt werden, auch soweit sie privatrechtlicher Natur sind. An dieser Stelle 
soll nur die Frage kurz erörtert werden, inwieweit für eine Handlung, die zum 
Schadensersatz verpflichtet, kraft Gesetzes neben dem Täter oder statt seiner 
eine juristische Person des öffentlichen Rechts haftbar ist. 
1. Grundsatz ist, daß bei Beantwortung dieser Frage die für privatrechtliche 
juristische Personen geltende Regel entsprechende Anwendung findet (89 . 
Die Antwort lautet also, daß die juristische Person dann und nur dann haft- 
bar ist, wenn die Handlung „von einem verfassungsmäßig berufenen Vertreter in 
Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen“ begangen wurde, und daß 
diese Haftung eine Mithaftung des Täters selbst nicht ausschließt. Und zwar 
ist nach der Praxis des Reichsgerichts als verfassungsmäßiger Vertreter einer 
juristischen Person des öffentlichen Rechts jeder anzusehn, der einem in der 
„Verwaltungsorganisation" der juristischen Person vorgesehenen Amt rechtmäßig 
vorsteht; ob die Verwaltungsorganisation auf Gesetzen oder ob sie auf Ver- 
ordnungen, autonomen Satzungen, Observanzen usw. beruht, soll keinen Unter- 
schied machen. 
Beispiele. Für einen verfassungsmäßigen Vertreter einer juristischen Person des 
öffentlichen Rechts ist anzusehn: in den preußischen Kreisen der Kreisbaumeister (als Vor- 
steher des Kreisbauamts), nicht aber ein ihm untergebener Straßenwärter (als bloßer Ge- 
hülfe); bei den Staatseisenbahnen der Vorsteher einer Betriebsinspektion, nicht aber ein ihm 
unterstellter Bahnmeister; in den Städten der Betriebsinspektor einer städtischen Gasanstalt, 
nicht aber beim Militär ein zu einem bestimmten Dienst kommandierter Leutnant. 
2. a) Eine wichtige Ausnahme erleidet aber die Regel zu 1, wenn die 
zu Schadensersatz verpflichtende Handlung in dem Delikt eines Reichsbeamten 
1) Weyl, der Fiskus im Privatrecht (07). 
2) Siehe RG. 53 S. 281, 54 S. 55, 55 S. 177, 230, 367, 62 S. 34, 70 S. 119, 
74 S. 22, 250. 
Cosack, Bürgerl. Recht. 5. Aufl. II. 34
	        
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