§ 308. Haftung d. Staats f. Beamtendelikte. § 309. Alteres Recht d. jur. Personen. 529
3. daß sowohl bei den privatrechtlichen wie bei den öffentlichrechtlichen
Körperschaften häufig eine persönliche Haftung sämtlicher Mitglieder für die
Körperschaftsschulden angenommen wurde.
II. Seit der Rezeption hat sich allmählich eine Umbildung des Rechts
der juristischen Personen vollzogen. Sie beruhte übrigens nur zu einem Teil
auf romanistischen Einflüssen; zum andern Teil lag ihr Grund darin, daß der
moderne Staat die Gründung und Verwaltung der juristischen Personen aus
politischen und wirtschaftlichen Erwägungen einschränken zu müssen glaubte.
So kam man dazu, die juristischen Personen völlig anders zu behandeln als
die natürlichen: man stellte den Satz auf, daß eine juristische Person nur
kraft staatlichen Privileges begründet werden könnte, und verlangte auch für
jede Anderung ihrer Satzung staatliche Genehmigung; man beschränkte ihre
Rechtsfähigkeit und erklärte sie grundsätzlich für nicht erbfähig; man verneinte
ihre Haftung aus den Delikten ihrer Organe? usw.
III. In neuerer Zeit hat sich die Gesetzgebung wieder einer freieren Be-
handlung der juristischen Personen zugeneigt.
1. Wenigstens bei gewissen Arten der privatrechtlichen Körperschaften
wurde das Erfordernis der staatlichen Genehmigung ihrer Gründung fallen
gelassen, und zwar meistens in der Art, daß an die Stelle der staatlichen Ge-
nehmigung die von der Erfüllung gewisser gesetzlicher Bedingungen abhängige
Eintragung in ein öffentliches Register trat. Insbesondre war dies der Fall:
seit der Aktiennovelle von 1870 bei den Aktiengesellschaften, seit dem Genossen-
schaftsgesetz von 1868 bei den eingetragenen Erwerbs= und Wirtschaftsgenossen-
schaften, in Sachsen und Bayern seit den Vereinsgesetzen von 1868 und 1869
unter gewissen Vorbehalten auch für nicht wirtschaftliche Vereine. Doch waren
dies alles in allem Ausnahmen: im größten Teil Deutschlands hat man bei
der Mehrzahl der juristischen Personen an dem Erfordernis der staatlichen
Genehmigung ihrer Gründung bis zum Jahre 1900 unentwegt festgehalten.
2. Die Beschränkungen der Rechtsfähigkeit der juristischen Personen wurden
ermäßigt. Insbesondre ist ihre Erbfähigkeit spätestens im Lauf des vorigen
Jahrhunderts gewohnheitsrechtlich anerkannt.“
3. Auch die Haftung der juristischen Personen aus den Delikten ihrer
Organe ist schon vor Einführung des bürgerlichen Gesetzbuchs durch ein neueres,
freilich sehr umstrittenes Gewohnheitsrecht anerkannt worden.?
Zusatz zu Buch VI.
I. Kollisionsnormen.
Grundsätzlich sind die den juristischen Personen eigentümlichen Rechtsverhältnisse nach
dem Recht des Orts zu beurteilen, an dem diese Personen ihren Sitz haben. : Ausnahmen:
2) Roth, D. PrR. 1 S. 412, 414 8, 418; Gierke, D. PrR. 1 S. 529; Dernb. 3 8 59.
3) Stobbe 1 § 52; Roth 1 S. 41270.
4) Dernb. 3 § 59.
5) Gierke, D. PrR. 1 S. 529.
1) Anders Zitelmann, 2 S. 111 ff.