534 Buch VII. Abschnitt 1. Das Verlöbnisrecht.
berührende, den Umständen entsprechende Maßnahmen getroffen hat (1298,
1299). Ist der schadensersatzpflichtige Teil der Bräutigam, so umfaßt der
Ersatz außerdem den Schaden, den die Braut dadurch erleidet, daß sie dem
Bräutigam die Beiwohnung gestattet hat, und zwar nicht bloß den pekuniären,
sondern auch den billig abzuschätzenden ideellen Schaden; gleichgültig ist dabei,
ob die Braut Jungfrau war und ob sie zu ihrer Nachgiebigkeit vom Bräutigam
verführt worden ist; nur darf sie nicht bescholten gewesen sein (1300 1).7 Da-
gegen ist nicht erstattungsfähig der Gewinn, den der ersatzberechtigte Verlobte
gemacht haben würde, wenn die Heirat zustande gekommen wäre.
Beispiel. Fräulein A., die mit B. verlobt ist, kündigt ihre mit einem Jahresgehalt
von 3000 Mk. verbundene Stellung, weil ihr für den Fall ihrer Verheiratung mit B. von
dessen Prinzipal C. eine Anstellung mit einem Jahresgehalt von 4200 Mk. versprochen ist;
nun wird sie von B. grundlos im Stich gelassen und muß für ein Jahr eine Stelle mit nur
1800 Mk. Gehalt annehmen. Hier hat die A. Anspruch auf Schadensersatz in Höhe des Unter-
schiedes zwischen ihrem bisherigen und ihrem jetzigen Gehalt (3000 — 1800 Mk.); serner kann
sie für die Aussteuer, die sice über den Bedarf eines ledigen Mädchens hinaus angeschafft
hat und nun mit Verlust verkaufen muß, Ersatz verlangen; endlich kann sie, wenn sie dem
Bräutigam die Beiwohnung gestattet hat, noch eine billige Entschädigung beanspruchen.
Dagegen kann sie Ersatz für das Mehrgehalt, das C. ihr verheißen (4200 — 3000 Mkx),
nicht fordern.
Die Braut, die ihrem Bräutigam die Beiwohnung gestattet hat, kann dafür eine Ent-
schädigung nur fordern, wenn der Bräutigam nach den Regeln zu a schadensersatzpflichtig
ist, also nur, wenn entweder der Bräutigam grundlos vom Verlöbnis zurücktritt oder die
Braut wegen eines schweren Verschuldens des Bräutigams die Verlobung aufhebt. Tritt
also der Bräutigam zurück, weil er sich nachträglich überzeugt, daß sein und der Braut
Einkommen auf absehbare Zeit zur Führung eines standesgemäßen Haushalts nicht ausreicht,
so kann die Braut wegen der Beiwohnung keine Vergütung fordern. — Der Ersatzanspruch
der Braut ist höchstpersönlich, kann also weder unter Lebenden abgetreten noch vererbt werden,
es sei denn, daß er vertragsmäßig anerkannt oder rechtshängig geworden ist (1300 ID.
c) Sehr oft besteht die Schadensersatzpflicht eines Verlobten nicht bloß
gegenüber dem andern Verlobten, sondern auch gegenüber dessen Eltern oder
dritten Personen, die an Stelle der Eltern gehandelt haben, dann nämlich,
wenn diese in Erwartung der Eheschließung — pflichtmäßig oder freiwillig —
Aufwendungen gemacht haben oder Verbindlichkeiten eingegangen sind, die den
Umständen nach angemessen waren (1228, 1299).
Beispiel. Die Eltern der unschuldigen Braut haben deren Aussteuer besorgt; eine
Tante der Braut hat das Hochzeitsfest ausgerichtet.
d) Die Ersatzansprüche verjähren in zwei Jahren seit Auflösung des
Verlöbnisses (1302).
4. Führt das Verlöbnis nicht zur Eheschließung, so kann jeder Verlobte,
auch wenn er dies Ergebnis selber verschuldet hat, von dem andern die Heraus-
gabe dessen fordern, was er ihm geschenkt oder zum Zeichen der Verlobung
gegeben hat; nur wenn das Verlöbnis durch den Tod eines Verlobten ausgelöst
ist, soll das Rückforderungsrecht im Zweifel ausgeschlossen sein; der Anspruch
verjährt in zwei Jahren seit Auflösung des Verlöbnisses (1301, 1302).
7) RG. 52 S. 48.