Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

554 Buch VII. Abschnitt 2. Das Eherecht. 
(. aber 1349).“ Stellt sich nachträglich heraus, daß die Todeserklärung un- 
richtig war und der Verschollene in Wirklichkeit die Eingehung der neuen Ehe 
des andern Gatten erlebt hat, so greifen zur Verhütung einer Doppelehe 
folgende Regeln Platz.0 
1. Die alte Ehe hat den Vorrang, wenn die Unrichtigkeit der Todes- 
erklärung bei Eingehung der neuen Ehe beiden Gatten dieser Ehe bekannt ge- 
wesen ist: hier bleibt also die alte Ehe unverändert in Kraft, während die 
neue Ehe nichtig ist; daß der Verschollene kurze Zeit nach Eingehung der 
neuen Erbe stirbt, macht letztere Ehe keineswegs gültig (1348 I, 1326). 
2. Die neue Ehe hat den Vorrang, wenn die Unrichtigkeit der Todes- 
erklärung bei der Eheschließung auch nur einem der Gatten dieser Ehe unbe- 
kannt gewesen ist: hier ist also die neue Ehe gültig, während die alte Ehe 
mit dem Augenblick der Eingehung der neuen Ehe als aufgelöst, d. h. als von 
Gesetzes wegen geschieden gilt (1348 I, II). Doch kann jeder Gatte der neuen 
Ehe, dem es zur Zeit der Eheschließung unbekannt war, daß der Verschollene 
noch lebte, auf den Vorrang der neuen Ehe verzichten, indem er sie anficht; 
alsdann wird die Auflösung der alten Ehe rückgängig gemacht, und es ist, 
gerade wie im Fall 1, die alte Ehe gültig, die neue Ehe nichtig (1350).11 
Das Anfechtungsrecht erlischt, wenn einer der Gatten der neuen Ehe oder der Ver- 
schollene stirbt, sowie wenn der anfechtungsberechtigte Gatte, nachdem er von dem Leben des 
Verschollenen Kenntnis erlangt hat, die Anfechtungsklage nicht binnen sechs Monaten erhebt 
oder die Ehe positiv bestätigt (1350). 
Daß einer der Gatten die Unrichtigkeit der Todeserklärung gekannt hat, wird nicht 
vermutet, ist also von dem zu beweisen, der es behauptet. 
III. Das Rechtsverhältnis zwischen den Ehegatten im allgemeinen. 
z 317. 
I. Die Hauptwirkung der Ehe ergibt sich aus ihrem Begriff: sie besteht 
darin, daß die Gatten einander zur Lebensgemeinschaft verpflichtet sind. 
1. Die Pflicht zur Lebensgemeinschaft beginnt sofort mit der Eheschließung. 
2. Die Pflicht zur Lebensgemeinschaft endigt regelmäßig erst mit der Auf- 
lösung der Ehe. Doch kann sie ausnahmsweise auch ein früheres Ende finden. 1 
a) Ein Gatte, der auf Ehescheidung zu klagen berechtigt ist, kann nämlich 
statt der Ehescheidung im Prozeßwege auch die bloße Aufhebung der ehe- 
9) Dochnahl, Arch. f. BR. 26 S. 321. 
10) Siehe RG. 60 S. 197. 
11) Abw. Dernburg in der Festschrift f. d. 26. Juristentag (02). 
1) Seckel, Aufhebung u. Wiederherstellung der ehel. Gemeinschaft (00); Behr, Arch. f. 
BR. 25 S. 11; Olshausen ebenda 23 S. 149; Francke, Arch. f. ziv. Pr. 98 S. 441.
	        
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