Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 180. Öffentlicher Glaube, Fiktion der Unfehlbarkeit des Grundbuchs. 39 
ein Buchrecht erster oder zweiter Ordnung auf eine Gegenpartei überträgt oder 
zu ihren Gunsten neu begründet (s. 892 0. 
Beispiele. I. 1. Im Grundbuch ist am 1. März auf dem. Grundstück des A. für B. eine 
sogenannte Buchgrundschuld von 10000 Mk. rechtmäßig eingetragen, demnächst aber in- 
solge einer Abtretungserklärung des B. am 1. April auf den C. umgeschrieben; nun sicht 
aber B. am 1. Mai die Abtretung der Grundschuld an C. rechtmäßig wegen Betruges an; 
daburch wird das Grundbuch unrichtig, weil die Abtretung jetzt als von Ansang an nichtig 
gilt und die Grundschuld demgemäß nicht, wie das Grundbuch angibt, dem C., sondern nach 
wie vor dem B. zusteht; C. ignoriert aber die Anfechtung, tritt die Grundschuld am 1. Juni 
gegen ein Entgelt von 10000 Mk. dem D. ab und läßt sie am 1. Juli auf D.s Namen um- 
schreiben. Hier ist die Abtretung von C. an D. gültig. Denn infolge der Fiktion der Un- 
fehlbarkeit des Grundbuchs wird im Widerspruch zum materiellen Recht angenommen, daß 
die Grundschuld, als C. sie auf D. übertrug, ebendiesem C. gehörte. Ergebnis: Inhaber 
der Grundschuld war vom 1. März bis 1. Juli B.; vom 1. Juli ab ist es D. 2. Derselbe 
Fall; nur hat C. die Grundschuld dem D. schenkungsweise übertragen. Hier ist die Ent- 
scheidung die nämliche. Denn die Fiktion der Unfehlbarkeit des Grundbuchs gilt auch bei 
unentgeltlichen Verfügungen (s. aber Band 1 S. 707, 2). 3. Derselbe Fall; nur handelt es 
sich nicht um eine Buch-, sondern um eine sogenannte Briefgrundschuld; C. hat deshalb die 
Grundschuld im Grundbuch nicht auf D.s Namen umschreiben lassen, sondern sich zulässiger- 
weise damit begnügt, die Grundschuld am 1. Juli unter Aushändigung des Grundschuldbriefs 
schriftlich auf D. zu übertragen (s. oben S. 15, 1). Hier ist die Entscheidung die nämliche. 
Denn die Fiktion der Unfehlbarkeit des Grundbuchs gilt auch bei Verfügungen, die zu 
ihrer Wirksamkeit der Eintragung im Grundbuch nicht bedürfen und auch tatsächlich nicht 
eingetragen werden. 4. Derselbe Fall; nur wird die Ubertragung der Grundschuld nicht von 
C., sondern nach dessen Tode von seinem Erben E. vorgenommen, ohne daß die Grundschuld 
zuvor auf dessen Namen umgeschrieben ist. Hier ist die Entscheidung die nämliche. Denn die 
Fiktion der Unfehlbarkeit des Grundbuchs gilt auch bei Verfügungen, deren Urheber für 
seine Person gar nicht im Grundbuch eingetragen war. II. Derselbe Fall; nur hat C. oder 
sein Erbe E. die Grundschuld nicht an D. abgetreten, sondern ihm bloß verpfändet. Hier 
ist die Verpfändung der Grundschuld ebenso gültig wie zu I ihre Übertragung. Denn die 
Fiktion der Unfehlbarkeit des Grundbuchs gilt auch bei Verfügungen, die auf die Begrün- 
dung eines neuen Buchrechts gerichtet sind, und zwar auch dann, wenn dies neue Recht 
(Pfandrecht an einer Grundschuld!) ein Recht zweiter Ordnung ist. 
6) Der zweite Fall ist der, daß zwischen dem Inhaber eines eingetragenen 
Buchrechts und einer Gegenpartei über dies Recht eine rechtsgeschäftliche Ver- 
fügung von andrer als der zu a genannten Art getroffen wird (893 
am Ende). 
Beispiel. Im Grundbuch ist durch irgendein Versehn als Eigentümer des Grund- 
stücks # statt des A. B. eingetragen; mit dem Eigentum an x ist ein Wegerecht an dem 
dem C. gehörigen Nachbargrundstück 7 verbunden; nun erklärt B. gegen eine ihm von 
C. gewährte Abfindung das Wegerecht für aufgehoben und läßt dies im Grundbuch ein- 
togen. Hier ist nicht, wie im Fall a, ein bestehendes Buchrecht auf einen andern Inhaber 
übertragen oder ein neues Buchrecht begründet. Wohl aber ist über ein Buchrecht „in 
andrer Art“ verfügt. Die Fiktion der Unfehlbarkeit des Grundbuchs greift also gleichfalls 
Platz. Die Folge ist, daß angenommen wird, B. sei als Eigentümer von z zur Aufhebung 
den Wegerechts an yF befugt gewesen, und daß das Wegerecht demnach erloschen ist. 
Zweifelhaft ist die Entscheidung des eben genannten Falls, wenn B. die Aufhebung 
des Wegerechts nicht gegenüber C., sondern gegenüber dem Grundbuchamt erklärt oder wenn 
er die Erklärung zwar gegenüber C., aber nicht gegen Entgelt zu dessen Gunsten, sondern 
unentgeltlich in seinem eignen Interesse (vielleicht weil die Unterhaltung des Weges ihm zu 
teuer war) abgegeben hätte. Denn es ist nicht sicher, ob man sagen kann, die Aufhebung
	        
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