§ 325. Verwaltungsgemeinschaft. Erwerbsgeschäft der Frau. 589
etwa einen Laden eröffnet, eine Schule führt, ein Landgut bewirtschaftet, als
Arztin oder Waschfrau tätig ist. Und zwar gilt ein Betrieb der Frau als
„selbständig“ nur dann, wenn er im Namen der Frau geführt wird und der
Mann nicht als gesetzlicher Verwalter des eingebrachten Frauenguts die führende
Rolle in dem Betriebe hat. Dagegen schadet es der Selbständigkeit des Be-
triebes nicht, wenn der Mann bloß als Gehülfe oder frei bestellter Bevoll-
mächtigter der Frau in ihm mitwirkt oder wenn die Frau sich jeder persön-
lichen Arbeit in dem Geschäft enthält.
Die herrschende Meinung? weicht von meiner Gesetzesauslegung ab und behauptet mit
Nachdruck: selbständig sei jeder Betrieb, der im Namen der Frau geführt wird, auch wenn
der Mann als gesetzlicher Verwalter die Oberleitung des Betriebes hat. Daß diese Be-
hauptung unzutreffend ist, ergibt sich aus 112, wo von dem selbständigen Betriebe eines
Erwerbsgeschäfts durch einen Minderjährigen die Rede ist; denn hier ist es zweifellos, daß
der von dem Vormunde eines achtjährigen Kindes in dessen Namen geführte Betrieb nicht
als selbständiger Geschäftsbetrieb des Kindes anzusehn ist: der Ausdruck „jemand betreibt
ein Geschäft selbständig“" muß also etwas andres bedeuten als: „ein Geschäft wird in seinem
Namen betrieben". Oder soll etwa der Ausdruck „selbständiger Betrieb eines Erwerbs-
geschäfts“ in 112 einen andern Sinn haben als in 14055° Zur Bejahung dieser Frage kann
ich mich nicht entschließen, um so weniger als der streitige Ausdruck offenbar ein sormelhafter
ist und ein Vergleich von 108, 109 mit 1396, 1397 uns die analoge Behandlung der Minder-
jährigen und der Ehefrauen besonders nahe legt. Daß meine Auslegung praktisch mißlich
ist, muß ich zugeben. Aber auch die gegnerische Ansicht hat ihre praktischen Bedenken.
Denn, wenn es wahr wäre, daß jeder Geschäftsbetrieb im Namen der Ehefrau als selbständig
gilt und deshalb, wie alsbald zu zeigen, die Ehefrau im Rahmen des Betriebes auch rechtlich
vom Mann unabhängig macht, so würde der Mann in zahlreichen Fällen den Geschäfts-
betrieb im Namen der Frau einfach unterlassen oder verbieten, auch wenn alle beide Gatten
dadurch Schaden leiden.
Für den Betrieb eines Erwerbsgeschäfts, der seitens der Frau unselbständig erfolgt,
gilt das gewöhnliche Recht der Verwaltungsgemeinschaft. Hervorzuheben ist namentlich, daß
der Ertrag des Geschäfts nicht bloß nicht in das vorbehaltene, sondern nicht einmal in das
eingebrachte Gut der Frau fällt, sondern wenigstens teilweise als Frucht des eingebrachten
Guts Eigentum des Mannes wird.“
II. 1. Erster Fall: die Frau hat zum selbständigen Betriebe des Erwerbs-
geschäfts die Einwilligung des Mannes erhalten; der Einwilligung des Mannes
steht es gleich, wenn die Frau das Geschäft mit seinem Wissen betreibt und
er keinen Einspruch erhebt; der Einspruch und ein etwaiger nachträglicher
Widerruf der Einwilligung ist gegen Dritte nur dann vollwirksam, wenn er
im Güterrechtsregister eingetragen ist (1405, 1435). Für diesen Fall gelten
folgende Regeln.
a) Die Rechtsgeschäfte und Rechtsstreitigkeiten der Frau, die der vom Mann
genehmigte Geschäftsbetrieb seiner Art nach mit sich bringt, bedürfen einer be-
f. Handelsrecht 52 S. 485; Hörle, Stellung der Ehefrau im Betriebe eines Erwerbsgeschäfts
(07); Guyot, D’activité économique de la femme mariée (10).
2) Staub, Kommentar z. HGB. (8. Aufl.) Anm. 48 der allg. Einl.; Wieruszowski 2
S. 269; Endemann 2 § 175“7; dawider A. Schmidt Anm. 2e, Opet Anm. 3 zu 8 1367.
3) Siehe m. Lehrb. des Handelsrechts § 12 III, 3 b.
4) Val. R. 59 S. 31.