§ 337. Bisheriges eheliches Güterrecht. 617
lichen Gesetzbuchs. Doch soll die Erörterung dieser Unterschiede — dem Her-
kommen gemäß — der Darstellung des Kirchenrechts überlassen werden.?
III. Die eheherrliche Gewalt des Mannes und ebenso die Schlüsselgewalt
der Frau sind bereits im älteren Recht anerkannt. Nur war erstere Gewalt
in früherer Zeit erheblich schärfer als jetzt. Dementsprechend bestimmte das
preußische Landrecht, daß der Mann in gewissem Umfange als gesetzlicher Ver-
treter der Frau anzusehn sei, und erklärte Verträge, durch die die Frau sich
ohne Einwilligung des Mannes zu persönlichen Diensten verpflichtete, nicht
bloß, wie das bürgerliche Gesetzbuch, für kündbar, sondern für nichtig.“ Dem-
entsprechend verordnete das bayrische Landrecht, daß der Mann wohl befugt
sei, die Frau körperlich zu züchtigen" usw.
IV. 1. Das eheliche Güterrecht ist im früheren Mittelalter bei den ver-
schiedenen Stämmen und Stammesabteilungen sehr verschieden geregelt gewesen;
so konnten bei den ostfälischen Sachsen nach dem Tode des Mannes dessen
Erben die eheliche Errungenschaft ganz für sich in Anspruch nehmen, während
sie bei den ribuarischen Franken ein Drittel, bei den westfälischen Sachsen
sogar die Hälfte der Errungenschaft an die Frau abgeben mußten. Doch sind
die meisten Einzelheiten dieses frühmittelalterlichen Güterrechts noch nicht klar-
gestellt. Selbst von dem das spätmittelalterliche Güterrecht beherrschenden
Satz, daß der Mann über die von der Frau eingebrachten Fahrnissachen frei
verfügen durfte, wird behauptet, es lasse sich nicht mit Sicherheit feststellen,
daß er bereits im frühen Mittelalter gegolten habe."“
2. Im späteren Mittelalter hat die Rechtszersplitterung noch mehr zuge-
nommen: nicht bloß die großen Stämme und Stammesabteilungen, sondern
oft genug auch kleinere Territorien, Städte oder Bauernschaften gönnten sich
jetzt ihr besondres eheliches Güterrecht. Zugleich treten auch die Einzelheiten
dieser Güterrechte klarer hervor, so daß man nunmehr für jedes der im bürger-
lichen Gesetzbuch geregelten Güterrechtssysteme mit Ausnahme der Gütertren-
nung ein mittelalterliches Vorbild nachweisen kann.' Daneben gibt es aber
auch mittelalterliche Güterrechtssysteme, deren unser bürgerliches Gesetzbuch nicht
gedenkt. So ist das System der Verwaltungsgemeinschaft im Sachsenspiegel
dahin modifiziert, daß der Frau das Eigentum nur an den von ihr eingebrachten
Grundstücken und an der Gerade, d. h. an derjenigen Fahrnis zustand, die
herkömmlich eine Braut als Ausstattung mitzubringen pflegte; die Frau verlor
also das Eigentum an der von ihr eingebrachten Fahrnis, soweit sie nicht zu
2) Friedberg, Kirchenrecht §8 139ff.
3) Pr. LR. II, 1 88 188 ff., 196.
4) St.-Lehmann 4 S. 63, 71.
5) Hübner, S. 606.
6) Schröder 8 35 226. Siehe aber Hübner S. 606.
7) Schröder, Geschichte des ehel. Güterrechts in Deutschland (63 ff