§ 340. Vertretung der Kinder durch die Eltern. 633
einmal, wenn das Vormundschaftsgericht es besonders erlaubt — sondern es muß für jedes
der Mädchen ein besondrer Pfleger bestellt werden. 1 3. Eine Minderjährige will den Sohn
ihrer vollbürtigen älteren Schwester heiraten. Hier ist der Vater der Braut, weil er zugleich
Großvater des Bräutigams ist, von der Vertretung der Braut bei der Eheschließung kraft
Gesetzes ausgeschlossen; es muß also für die Eheschließung die Einwilligung eines Pflegers
eingeholt werden. 4. Auf den Grundstücken eines Minderjährigen A. ruhn zwei Hypo-
theken, die eine zugunsten des Großvaters väterlicherseits B., die andre zugunsten des Groß-
vaters mütterlicherseits C.; B. und C. kündigen die Hypotheken durch gemeinsames Schreiben
zu Händen von A.8 Vater. Hier ist die Kündigung des B. ungültig, die des C. gültig.
5. Ein Vater meldet zu einem Konkurse für sich selbst und für seinen Sohn je eine Forde-
rung an; der Konkursverwalter bestreitet die Forderungen. Hier ist, wenn beide Forde-
rungen voneinander unabhängig sind, ein Interessegegensatz zwischen Vater und Sohn vor-
handen: denn, was der eine gewinnt, geht dem andern anteilig verloren; dennoch kann der
Vater seine und des Sohnes Forderung zusammen geltend machen, wenn nicht das Vor-
mundschaftsgericht den Interessegegensatz so erheblich findet, daß es dem Vater die Ver-
tretung des Sohns entzieht. II. D. erbietet sich, eine dem minderjährigen E. gehörige Sache
zu kaufen; E.s Vater nimmt gegen den Wunsch der Mutter den Antrag brieflich an; die
Mutter benutzt aber einen Ohnmachtsanfall des Vaters (s. oben 1 bia jda) und lehnt den
Antrag telegraphisch ab. Hier ist, wenn das Telegramm der Mutter bei D. eher anlangt
als der Brief des Vaters, der Kauf gescheitert.
b) Der Vertretungsmacht der Eltern steht eine Vertretungsmacht der
Kinder — etwa nach Analogie der ehefräulichen Schlüsselgewalt — nicht zur
Seite, selbst nicht in dem engen Wirkungskreise, in dem älteren Kindern eine
gewisse Selbständigkeit herkömmlich gegönnt wird.
3. Nicht selten wird die elterliche Gewalt des Vaters oder der Mutter
im Vergleich zu ihrem regelmäßigen Inhalt empfindlich beschränkt, so daß sie,
wie das Eigentum, im Einzelfall zu einem Schattenrecht abgeschwächt werden
kann. Doch sollen die hierher gehörigen Fälle erst später dargestellt werden;
insbesondre wird von dem Beistande, der unter gewissen Voraussetzungen
der Mutter zur Seite gestellt werden kann, erst im Vormundschaftsrecht die
Rede sein.
Beispiel. Ein Vater, der auf die Nutznießung am Kindesvermögen verzichtet hat, fällt
in unheilbare Geisteskrankheit. Hier behält er die elterliche Gewalt. Sie ist aber, da sie ja
für immer „ruht"“, nur ein Name ohne Inhalt.
4. Bei Ausübung ihrer elterlichen Gewalt haben Vater und Mutter ihrem
Kinde nur für diejenige Sorgfalt einzustehen, die sie in eignen Angelegen-
heiten anzuwenden pflegen (1664, 1686).
5. a) Über der elterlichen Gewalt des Vaters und der Mutter steht die
amtliche Gewalt des Vormundschaftsgerichts (1665 ff., 1643, 1629 ff.): Des-
halb müssen, wie der Ehemann im Verhältnis zu seiner Frau, wie der
Vormund im Verhältnis zu seinem Mündel, so auch die Eltern im Verhält-
nis zu ihrem Kinde sich die Einmischung dieses Gerichts gefallen lassen. Und
zwar haben die Eltern die Einmischung in stärkerem Maß zu dulden als der
Ehemann, in schwächerem als der Vormund.
1) RG. 71 S. 165.
2) NG. 63 S. 236, 275, 69 S. 94.