Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

650 Buch VII. Abschnitt 3. Das Recht der ehelichen Kinder. 
II. Die Nutznießung des Hausguts gebührt gleichfalls allein dem Vater 
(1649). 
1. Demgemäß kann der Vater alle zum Hausgut gehörigen Gegenstände 
persönlich gebrauchen und, wenn sie von Natur verbrauchbar sind, sogar ver- 
brauchen; er darf hierbei eigennützig verfahren, also bei Gebrauch und Ver- 
brauch seine einseitigen, dem Kinde fremden Interessen mit berücksichtigen; nur 
bei dem baren Gelde des Kindes ist ihm ein egoistischer Verbrauch bloß mit 
Genehmigung des Vormundschaftsgerichts gestattet (1653). 
2. Demgemäß gehören, wie schon früher bemerkt, die Früchte des Haus- 
guts dem Vater: und zwar vollzieht sich der Fruchterwerb des Vaters nach 
den für den Nießbrauch geltenden Regeln (1652). 
III. Ebenso gebührt die tatsächliche Verwaltung des Hausguts allein dem 
Vater; er hat dabei freie Hand, gerade wie der Ehemann bei der tatsächlichen 
Verwaltung des eingebrachten Frauenguts, kann also alle Maßregeln vornehmen, 
die den Grundsätzen ordnungsmäßiger Wirtschaft entsprechen, auch wenn sie 
ungewöhnlicher Art sind und das Hausgut des Kindes substanziell umgestalten 
(1627). 
IV. Sodann ist der Vater im Bereich der Verwaltung des Hausguts auch 
zur Vornahme von Rechtsgeschäften wohl befugt. Und zwar kann er zunächst 
Verfügungen über das Hausgut in viel weiterem Umfange treffen, als ein Ehe- 
mann in Ansehung des eingebrachten Frauenguts: insbesondre kann er auch 
unverbrauchbare Fahrnissachen und Forderungen des Kindes veräußern und 
verpfänden. Sodann kann er reine Erwerbsgeschäfte für das Kind abschließen; 
er vermag dank seiner gesetzlichen Vertretungsmacht das Kind obligatorisch zu 
verpflichten; Erklärungen Dritter, die das Hausgut angehn, sind an ihn zu richten 
usw.: Doch sind der väterlichen Vertretungsmacht, abgesehn von den allge- 
meinen bereits früher erwähnten Beschränkungen (oben S. 632 a), noch fol- 
gende weitere Schranken gesetzt. 
1. Die Vertretungsmacht versagt gänzlich (1641, 1630 II, 1795 Nr. 2): 
a) bei Schenkungen, die nicht durch Sitte oder Anstand geboten sind; 
b) bei der Übertragung oder Belastung einer durch Pfandrecht oder Bürg- 
schaft gesicherten Forderung des Kindes sowie bei der Aufhebung dieser Siche- 
rung, falls der Vater selber der Schuldner der Forderung ist; 
I) bei Rechtsgeschäften, durch die das Kind zu einer der bei b genannten 
Verfügungen obligatorisch verpflichtet wird. 
Beispiel. Ein Vater veräußert mit Genehmigung des Vormundschaftsgerichts das 
Bankgeschäft, das sein minderjähriger Sohn vom Großvater geerbt hat; zu diesem Geschäft 
gehört auch eine Forderung auf Rückgabe einer Geldsumme, die der Vater selber einst vom 
Großvater erborgt hatte. Hier kann der Vater diese Forderung auf den Erwerber des Ge- 
schästs nicht mit übertragen, salls sie durch Pfand oder Bürgschaft sichergestellt ist! Ist sie 
dagegen ungesichert, so steht ihrer übertragung durch den Vater nichts im Wege. 
1) RG. 75 S. 358. 
2) Fohr, Arch. f. ziv. Pr. 92 S. 378.
	        
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