Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 358. Unterhaltsanspruch des unehelichen Kindes. 679 
Unterhalt zu fordern (1708). Und zwar ist die Unterhaltsverpflichtung des 
Vaters gegenüber einem unehelichen Kinde in vielen Punkten ebenso geregelt 
wie gegenüber einem ehelichen: so geht sie der Unterhaltsverpflichtung der 
Mutter vor, sie umfaßt den gesamten Lebensbedarf des Kindes einschließlich 
der Kosten der Erziehung (1709 I, 1708 1 Satz 2) usw. Doch finden sich 
eine Reihe von Sonderbestimmungen, die das uneheliche Kind bald günstiger, 
bald ungünstiger stellen als das eheliche. 
a) Die väterliche Unterhaltsverpflichtung ist weder von der Bedürftigkeit 
des Kindes noch von der Leistungsfähigkeit des Vaters abhängig (s. 1708 1). 
Das Kind kann also vom Vater Unterhalt auch dann verlangen, wenn es 
eignes Vermögen besitzt und von dessen Einkünften leben kann, während der 
Vater durch Gewährung des Unterhalts in Not gerät. Doch gilt diese Strenge 
nur, bis das Kind das 16. Lebensjahr vollendet hat. Von da ab schlägt sie 
in die größte Milde um: der Vater ist nunmehr gänzlich haftfrei. Eine Ausnahme 
greift nur Platz, wenn das Kind bei Vollendung des 16. Lebensjahrs infolge 
körperlicher oder geistiger Gebrechen außerstande ist, sich selbst zu unterhalten: 
alsdann haftet der Vater — vorausgesetzt, daß das Unvermögen des Kindes 
andauert — so lange fort, als er nicht durch die Unterhaltung des Kindes 
seinen eignen standesmäßigen Unterhalt gefährdet (s. 1708 1). 
Beispiele. I. A. hat nach dem Tode seiner Frau mit deren Schwester ein Verhältnis 
und gewinnt dadurch zu seinem ehelichen Kinde B. noch ein uneheliches Kind C.; beide 
Kinder haben kein Kapitalvermögen, beziehn aber laut Testaments von ihrem gemeinsamen 
Großvater D. mütterlicherseits 1000 Mk. Jahresrente. Hier kann A. den Unterhalt des B. 
aus dessen Rente bestreiten, auch wenn diese durch das Testament des D. seiner väterlichen 
Nutznießung entzogen ist; dagegen muß die Rente des C. gespart werden. C. hat also, wenn 
er 16 Jahr alt geworden, 16000 Mk. Vermögen (die Zinsen ungerechnet), B. hat nichts. 
II. Ein uneheliches Kind, das am 15. März 1895 geboren ist, verunglückt im März 1911 
und wird fürs Leben erwerbsunfähig. Hier kann das Kind, wenn der Unfall am 14. März 
geschah, vom Vater lebenslänglich Unterhalt verlangen; geschah der Unfall am 16. März, 
braucht der Vater gar nichts zu leisten !? 
b) Der dem Kinde gebührende Unterhalt muß der Lebensstellung der 
Mutter entsprechen (1708 D. 
Beispiel. Der uneheliche Sohn einer Prinzessin hat zum Vater einen verheirateten 
Hoflakaien. Hier muß der Lakai jenes Kind prinzlich unterhalten und also mindestens dafür 
sorgen, daß es seiner Wehrpflicht als Einjähriger genügen kann, während für seine ehelichen 
Kinder der zweijährige Dienst gut genug ist. 
Ih) Der Unterhalt ist stets durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren; 
die Rente ist von der Geburt des Kindes ab immer für je drei Monate im 
voraus zahlbar; auf Antrag der Mutter kann durch einstweilige Verfügung 
angeordnet werden, daß der Vater die erste Dreimonatsrate bereits einige Zeit 
vor der Geburt zu hinterlegen und gleich nach der Geburt an die Mutter oder 
an den Vormund zu zahlen hat; durch eine Vorauszahlung der Rente auf 
länger als drei Monate wird der Vater nicht befreit (1710, 1716). 
3) v. Blume zu § 1708. Abw. Dernb. BR. 4 § 8971.
	        
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