Full text: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

§ 360. Legitimation durch Ehelichkeitserklärung. § 361. Bisheriges Recht. 685 
(1736). Nur ist der Mutter, da sie ja nicht die Ehefrau des Vaters ist, die 
elterliche Gewalt über das Kind versagt; auch das Recht und die Pflicht der 
Sorge für die Person des Kindes wird ihr zugunsten des Vaters entzogen 
und fällt nur dann an sie zurück, wenn sie das Kind zu unterhalten hat und 
die elterliche Gewalt des Vaters erloschen ist oder wegen Geschäftsunfähigkeit 
oder tatsächlicher Behinderung des Vaters ruht (s. 1684, 1685, 1738). 
Die Wirksamkeit der Legitimation beginnt erst, wenn die Ehelichkeitserklärung end- 
Zültig erfolgt, also regelmäßig, wenn sie dem Vater bekannt gemacht ist. 
Anhang. Rüchblick auf das bisherige Recht. 
§ 361. 
I. Die Befugnis der unehelichen Mutter, von dem mutmaßlichen Vater 
ihres Kindes die Erstattung gewisser Unkosten sowie die Gewährung von Unter- 
halt für eine bestimmte Zeit nach der Entbindung zu fordern, war in den 
meisten deutschen Rechtsgebieten schon nach bisherigem Recht anerkannt; doch 
war sie in Altpreußen geschlechtlich bescholtenen Müttern sowie allen Ehefrauen 
versagt; dem rheinischen Recht war sie gänzlich unbekannt. 
II. 1. Die Ansprüche der unehelichen Kinder gegen ihren Vater waren 
im bisherigen Recht höchst verschieden geregelt. 
a) Nach rheinischem Recht galt die Regel „la recherche de la pater- 
nité est interdite“: ein uneheliches Kind konnte demgemäß irgendwelche An- 
sprüche gegen seinen unehelichen Vater bloß erheben, wenn dieser das Kind 
freiwillig anerkannt hatte; eine Ausnahme galt nur im Fall der Entführung 
der Mutter durch den Vater. Dagegen gestatteten die meisten übrigen Rechte 
dem Kinde, denjenigen als Vater zu belangen, der der Mutter in der Empfäng- 
niszeit beigewohnt hatte. Die Ausnahme, die das bürgerliche Gesetzbuch für 
den Fall macht, daß die Mutter in der Empfängniszeit mehreren Männern 
die Beiwohnung gestattet hatte, war anerkannt in Altpreußen (seit 1854), 
Württemberg, nicht aber im rechtsrheinischen Bayern, Sachsen: hier konnte das 
Kind vielmehr jeden dieser Männer als Vater haftbar machen. 
In Altpreußen galt (seit 1854) noch eine fernere Ausnahme für den Fall, daß die 
Mutter geschlechtlich bescholten oder eine Ehefrau war“: selbst wenn feststand, daß die Mutter 
in der Empfängniszeit nur einem einzigen Mann die Beiwohnung gestattete, wurde die Vater- 
schaft dieses Mannes um der Sündhaftigkeit der Mutter willen gesetzlich ignoriert. Auch 
fand der preußische Gesetzgeber es angemessen, die gesetzliche Empfängniszeit für sündhaft 
gezeugte Kinder kürzer zu bestimmen als für eheliche; er ließ die Zeit nämlich nicht mit dem 
302., sondern erst mit dem 285. Tage vor der Geburt anfangen. 
1) Motive 4 S. 906; pr Ges. v. 24. 4. 54 § 9; c. c. 340. 
2) C. c. 340. 3) Roth 2 S. 385. 
4) Pr. Ges. v. 54 § 9. 
5) Pr. Ges. v. 54 § 15.
	        
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