§ 365. Auswahl des Vormundes. 699
dünken statt des Bruders des Mündels dessen Onkel oder Schwager berufen. Ist der
Mündel eine Ehefrau, so darf das Gericht dem Ehemann vor den Verwandten und Ver-
schwägerten den Vorzug geben (s. 1778 III). Werden die Verwandten und Verschwägerten
des Mündels übergangen, so steht ihnen ein Beschwerderecht nicht zu.
3. Gewisse Personen sind von der Berufung zur Vormundschaft unbedingt
ausgeschlossen. Hierher gehören namentlich:
a) Geschäftsunfähige und Entmündigte (1780);
b) Minderjährige (1781 Nr. 1);
Tc) Gemeinschuldner während der Dauer des Konkurses (1781 Nr. 3);
4) Personen, denen die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt sind, es sei
denn, daß es sich um eine Vormundschaft über ihre eignen Nachkommen
handelt (1781 Nr. 4; Str GesB. 34 Nr. 6);
e) Personen, deren Berufung der Vater oder die eheliche Mutter durch
letztwillige Verfügung verboten hat (1782).
Vater und Mutter sind zu einem solchen Verbot nur unter denselben Voraussetzungen
berechtigt, unter denen sie zur Benennung eines Vormundes befugt sind; die Berufung
eines Vormundes, den der Vater benannt hat, kann die Mutter nicht verbieten (1782).
Wird den vorstehenden Regeln zuwider ein Geschäftsunfähiger oder Entmündigter zum
Vormunde bestellt, so ist die Bestellung ungültig; wird eine der andern von der Berufung
ausgeschlossenen Personen zum Vormunde bestellt, so ist die Bestellung zwar ordnungs-
widrig, aber gültig (s. 1780, 1781, 1782). Die Geschäftsunfähigen und Entmündigten
gelten also als „unfähig“", die Minderjährigen, Gemeinschuldner usw. gelten dagegen nur
als „ungeeignet“ zur übernahme einer Vormundschaft; daß nach Stre. 34 Nr. 6 —
obschon dieser Paragraph in EG. 34 neu redigiert worden ist, um mit dem BGB. in Ein-
klang zu kommen! — auch die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte die Unfähigkeit,
Vormund zu sein, bewirken soll, ist einer der sonderbarsten Redaktionsfehler unfrer Ge-
setzbücher.
4. Bedingt ausgeschlossen sind von der Berufung zur Vormundschaft Ehe-
frauen sowie Beamte und Geistliche.
a) Eine Ehefrau soll zum Vormunde nur bestellt werden, wenn der Ehe-
mann zustimmt (1783).
Eine Ausnahme gilt, wenn die Vormundschaft die eignen Kinder des Ehemanns be-
trifft, mögen es gemeinsame Kinder beider Gatten oder einseitige Kinder des Mannes sein
(1783); dabei ist z. B. an den Fall zu denken, daß der Ehemann seine elterliche Gewalt
über die Kinder aus 1680 verwirkt hat. Für die eignen einseitigen Kinder der Frau gilt
eine gleiche Ausnahme nicht.
b) Beamte und Geistliche, die nach den Landesgesetzen einer besondern
Erlaubnis zur Übernahme einer Vormundschaft bedürfen, sollen zu Vormündern
nur bestellt werden, wenn diese Erlaubnis erteilt ist (1784).
In Preußen bedürfen der Erlaubnis sämtliche Staatsbeamte sowie alle, die ein be-
soldetes Amt in der Kommunal= oder Kirchenverwaltung bekleiden, nicht aber die Notare;
die Erlaubnis ist widerruflich (Pr. AusfGes. 72). Das gleiche gilt auch für die Beamten
des Reichs, die in Preußen ihren Wohnsitz haben (RBeamt S#es. vom 18. Mai 1907).
5. Nicht ausgeschlossen von der Berufung zur Vormundschaft sind die
eignen Eltern des Mündels. Das ist bezüglich der unehelichen Mutter bereits
erwähnt. Es gilt aber ebenso auch für die ehelichen Eltern: so wird eine